CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)
Skyharbor - Blinding white noise / Illusion & chaos
(34:21 + 13:41, Basick Records, 2012)
Warum Skyharbor gleich ein Doppelalbum veröffentlichen, wo doch beide Alben ganz locker auf einen Tonträger gepasst hätten, kann wohl nur dadurch erklärt werden, dass rein aus künstlerischer Sicht diese Trennung gewünscht war. Man betrachtet beide CDs wohl als in sich abgeschlossene Einheiten, als "Illusion" auf der einen und "Chaos" auf der anderen Seite. Macht zwar inhaltlich durchaus Sinn, aber lediglich knapp 14 Minuten auf der zweiten CD - wobei hier komplett überdreht geknüppelt und nahe des Wahnsinns herumgeschrieen wird, dass es einem schwindelig wird - sind von der Laufzeit eher unglücklich gewählt und vielleicht etwas zu viel künstlerische Freiheit. Abgesehen von diesem kleinen Makel überzeugt aber vor allem CD1 mit wuchtiger Härte, aber auch viel Gespür für atmosphärische Tiefe. Zwischen den prägnanten Riffs, den wuchtigen Rhythmen türmen sich mächtige Soundwälle auf, die in zerbrechlichen Passagen immer wieder zurückgefahren werden. Hier wird die technische Seite des Mathrocks gekonnt mit vertrackten, aber auch stimmungsvollen Prog Metal Elementen verwoben, jedoch fasziniert hier nicht alleine die Komplexität, sondern diese ist geschickt in ergreifenden, ausschweifenden Harmonien und mitunter Ambient-artigen / Elektronik Momenten verpackt. Und im Vergleich zur zweiten, chaotischen CD wird hier glücklicherweise "richtig" gesungen. Der Clou bei der ganzen Sache: Skyharbor kommen vom indischen Subkontinent, wobei ihre Herkunft aber niemals durchscheint. "Blind white noise / Illusion & chaos" ist kein Album für Metal Traditionalisten. Dies ist vielmehr eine Reise, der Aufbruch zu neuen Ufern. Es zeigt, wohin die Verbindung aus Progressive Rock, Ambient und Metal mit einer modernen, bombastischen Attitüde versehen auch gehen kann. Natürlich waren in diesem Terrain schon andere Bands in den letzten Jahren unterwegs, gerade Meshuggah werden als "Urväter" für diese Richtung gesehen. Doch die Stilistik Djent erfreut sich gerade in der jüngsten Vergangenheit immer größerer Beliebtheit. Bei Skyharbor ist die Begeisterung vor allem dadurch begründet, da die Band es geschickt versteht, zwischen den ausschweifenden Momenten immer ruhige Nuancen einzustreuen. Hier lässt man eben nicht nur permanent ein gnadenloses Riffgewitter auf den Hörer los, sondern das Gefühl für ergreifende, emotionale Momente ging nicht verloren.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2012