CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)

Six Elements - Primary elements
(39:42, Tower Of Harmony, 2012)

Ein neuer Name in der amerikanischen Prog-Szene: Six Elements. Hierbei handelt es sich um ein Trio aus Atlanta, das von Keyboarder Michael "Misha" Shengaout gegründet wurde. Das vorliegende Debüt nimmt konzeptuell Bezug auf "If" von Rudyard Kipling. Nicht nur, dass dieser Text auch im Song "If" musikalisch umgesetzt wird, der Grundgedanke des Textes ist zentrales Thema ihres Werkes (mehr dazu im Interview). Shengaouts Wegbegleiter sind Gitarrist Jeff McGahren (auf zwei Titeln auch mit Orgelsolo vertreten), sowie Sänger Stanley Whitaker. Ich hätte niemals gedacht, dass es sich beim Sänger auf diesem Album um genau den Stanley Whitaker der amerikanischen Kultband Happy The Man handelt! Zwar waren die amerikanischen Kultprogger meist instrumental unterwegs, aber von den damals durchaus vorhandenen Gesangsparts her hatte ich die Stimme Whitakers doch ganz anders in Erinnerung. Und da der Gesangsanteil auf "Primary elements" hoch ist, sei direkt geklärt: die Stimme ist klasse! Gelegentlich wird behauptet, seine Stimme käme der Peter Gabriels extrem nahe. Das sehe ich nicht ganz so, allerdings gibt er dank seiner intensiven Performance und einer damit verbundenen emotionalen Tiefe dem Album noch einen besonderen Kick - so gesehen ist der Hinweis auf einen gewissen Herrn Gabriel dann doch nicht so falsch. Es geht nicht darum, höchst komplex zu wirken, sondern um eine stimmungsvolle Umsetzung ihres gewählten Grundthemas. Ähnlichkeiten mit Happy The Man sind nicht ansatzweise vorhanden - Whitaker spielt übrigens hier keinerlei Gitarrenparts, sondern ist ausschließlich als Sänger eingebunden. Stattdessen ist einiges sogar eher im soften Bereich angesiedelt, also nichts für Freunde der schrägen oder besonders harten Töne. Es geht höchst melodiös zu, einige Songs haben klaren Wiedererkennungswert. Es geht nicht um Fingerfertigkeiten auf höchstem Niveau - sondern mir scheint hier eher der Faktor Emotion Trumpf zu sein. Gelungenes Debüt! Schade allerdings, dass die Spielzeit so kurz ist (und dabei sogar ein Song doppelt auftaucht, da nämlich ein Radio-Edit von "If" das Album beschließt.

Jürgen Meurer



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