CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)
Anthony Phillips & Andrew Skeet - Seventh heaven
(46:43 + 51:08, Voiceprint, 2012)
Wenn man mich nach einem Musterbeispiel für ein zeitlos schönes Prog-Album fragen würde, käme mir mit Sicherheit als einer der ersten Kandidaten das Debütalbum "The geese and the ghost" von Anthony Phillips in den Sinn. Ein wunderbares Werk, das dazu führte, dass ich mich natürlich auch mit den weiteren Werken des ursprünglichen Genesis-Gitarristen beschäftigt habe. Das sind in der Zwischenzeit unzählige Alben geworden. Ich muss zugeben, dass mich nicht alle begeistern konnten, aber er hat es auf jeden Fall geschafft, einen ganz eigenen Stil zu kreieren. Das aktuelle Doppelalbum besteht aus 18 bzw. 17 Titeln und wurde zusammen mit Andrew Skeet erstellt. Skeet ist Dirigent, und das gibt auch schon mal die Richtung vor: "Seventh heaven" ist nämlich fast eine Art Klassik-Album geworden. Ein paar Solo-Nummern auf akustischer Gitarre oder Piano sind zwar eingepflegt, aber die meisten Titel sind orchestrale Nummern mit reichhaltigem Streichereinsatz und gelegentlichen Hölzbläser-Arrangements, wobei gerade Letztere für meinen Geschmack Highlights des Albums geworden sind. Beide CDs haben den gleichen Titel als Intro, nämlich "Credo in cantus". Auf CD 1 wird der Titel von der tollen Sopranstimme von Lucy Crowe aufgewertet, CD 2 präsentiert den Song in reiner Instrumentalversion. In diesem Stück wird deutlich, wie effizient Phillips und Skeet hier zusammen gearbeitet haben und welch feine Melodielinien den Hörer erwarten. Irgendwie schafft es Phillips, eine ihm eigene Art von Atmosphäre zu schaffen, sei es an den Gitarren, an Tasteninstrumenten, oder wie hier in rein orchestraler Form. Gelegentlich werde ich bei "Credo in cantus" sogar an den Schlussteil von "The geese & the ghost" erinnert. Wie gesagt: dies ist im Prinzip ein Klassik-Album. Und es wimmelt geradezu von tollen Melodien, und auch für Abwechslung ist gesorgt, denn neben reinem orchestralem Wohlklang gibt es auch eingestreute Gitarrensoli oder auch mal - wie im Mittelteil von CD 1 - etwas temporeichere, leicht orientalisch angehauchte Nummern. Auch hat man bisweilen das Gefühl, sich in einem Soundtrack zu befinden. Dass einem manche Titel bekannt vorkommen könnten, ist kein Wunder, denn es gibt ein paar alte Titel in neuer Einspielung, z.B. "Nocturne" vom "Private parts & pieces II" Album oder "Sojourn" von "Field day". Die punktemäßige Bewertung eines solchen Albums finde ich etwas schwierig, denn auf welcher Skala soll diese basieren? Insofern macht die Punktzahl hier nicht allzu viel Sinn. Nach mehreren Durchläufen steht für mich aber eines fest: das ist wunderschöne klassische Musik! Respekt!
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2012