CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)
Ancestors - In dreams and time
(66:10, Tee Pee, 2012)
Neues von den Altvorderen: die wunderbaren Ancestors haben passend zu ihren Auftritten bei den 2012er Stoner-Festivals Roadburn (Tilburg) und Desertfest (Berlin) einen Longplay-Nachfolger zur EP "Into the white". Und klingen natürlich wieder anders. Geblieben sind die großen Würfe: "Corryvreckan" läuft zwölf, das Album-Amen "First light" stramme 19 Minuten. Geblieben ist auch die Stoner-trockene Biestigkeit (die Label-Info nennt das "Vollkontakt-Rock" gepaart mit Doom-Tristesse, die bei "Whispers" durch den Satzgesang allerdings eine neue Solitude Aeturnus-Qualität gewonnen hat, die auch Progfans ansprechen könnte. Fast verloren gegangen sind - leider - die Soli von Matt Barks auf analogen Synthesizern, welche die EP so besonders gemacht hatten. Laut Label-Info ist Matt immer noch dabei, ebenso wie Organist / Pianist / Sänger Jason Watkins. Letztgenannten kann man auch deutlich hören, Matts Moog wie gesagt bis auf ganz wenige Fundstellen (beispielsweise das Album-Intro) leider kaum noch. Mit Daniel Pouliot gilt es auch einen neuen Schlagzeuger zu begrüßen, der seine Sache songdienlich gut und unspektakulär macht. Zum Trost gibt es mindestens sechs andere Kostbarkeiten zu entdecken: Beispielsweise "The last return" klingt durch das rumpelnde und pumpelnde Klavier und die Frauenstimme wie ein Jam von QUOTSA mit Antimatter oder ION. Das langsam brennende "Corryvreckan" bezieht sein Feuer u.a. aus einer unheilvollen Slidegitarre wie bei den früh-psychedelischen Pink Floyd. Auf "On the wind" begegnet uns das Rumpelpiano wieder, bis Orgel und Gitarre eine heftige Klimax herbeiführen. Der Clou des Magnum Opus "First light" ist wieder die gekonnt hervorgebrachte Dramatik durch psychedelische Entschleunigung und mehrfache Dynamik-Anpassungen. Die nochmals präsentere Orgel und das Streicher-Finale sorgen hier für frische Klangfarben und den vergleichsweise höchsten Prog-Faktor. Das Prachtalbum wurde im Infrasonic Sound Studio in L.A. aufgenommen. Es kann allen Psychedelic-Freunden empfohlen werden.
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2012