CD Kritik Progressive Newsletter Nr.75 (07/2012)
MSM Schmidt & Team Amerika - Evolution
(75:51, Laika Records, 2012)
Der Bremer Komponist und Keyboarder / Sound-Programmierer Michael Schmidt veröffentlichte im Mai 2012 sein viertes hörenswertes Jazz / Fusion Werk. Wie schon auf seinen beiden letzten Veröffentlichungen (siehe auch PNL 74) schart er die Creme de la Creme der amerikanischen Fusionszene um sich. Hierbei liegt der Schwerpunkt der Herkunft der Musiker auf der Westküstenregion um Los Angeles. Insgesamt lässt er sich von 22 "State of the Art" Profis begleiten, wozu als einziger Deutscher auch der Ausnahmedrummer Wolfgang Haffner gehört. Stellvertretend für die Klasse der zahlreichen Kapazitäten möchte ich gerne Simon Phillips, Vinnie Colaiuta, Jeff Lorber, Chuck Loeb, Eric Marienthal, Ric Fierabracci, Jeff Richman und vor allem Jimmy Haslip und Mitchel Forman (das "Team Amerika") erwähnen. Die beiden letztgenannten haben Michael Schmidt beim Entstehungsprozess und der Produktion dieses abwechslungsreichen Fusion-Outputs tatkräftig unterstützt. Neben der Produktion der Scheibe kommt ergänzend wesentliches Lob Keyboarder Mitchel Forman zu, der zum ersten Mal eine Fremdproduktion in seinen Showerhead Studios in Simi Valley / Kalifornien gemischt hat. Den Verantwortlichen ist jedenfalls ein soundtechnisches Meisterwerk gelungen. Aber auch die musikalische Klasse von zehn der elf Kompositionen zwischen sechs bis dreizehn Minuten braucht sich nicht hinter den Top-Veröffentlichungen der Fusionszene der letzten Jahre zu verstecken. Hier wird nicht gefrickelt oder Liebkosungen zum Freejazz ausgetauscht. Hier werden packende Melodien zwischen entspannten Klangräumen und temperamentvollen Tonreigen bei hochprofessioneller Instrumentenbehandlung geboten. Dabei garniert Schmidt seine Songs gerne mit Bläsersounds, sodass bis auf den Shortrack "E.S.P Revisited" wenigstens immer einer der Herren Bob Franceschini, Barry Danielian, Brandon Fields, Steve Tavaglione oder Eric Marienthal zu hören ist. Neben der Bewunderung der vorzüglichen Instrumentenbehandlung aller Musiker, die natürlich ihren Freiraum für entsprechende Solo-Ausflüge erhalten, beherrscht vor allem eine stimmungsvolle und abwechslungsreiche Kompositionsgüte die Scheibe. So hört man neben den klassischen Fusion-Trademarks auch funky-groovige Rhythmen ("E.S.P"), dezente Ethno-Grooves ("Nexus"), coolen Modernjazz mit wohltemperierten Klavierklängen ("From nine to ten") oder fröhlich-feurige Tonreigen, die mit messerscharfem Gitarrenspiel und futuristischen EWI-Sounds bereichert werden ("Return of the Blade Runner"). Das besondere Schmankerl serviert uns Schmidt mit dem fast 13minütigen Longrack "Clark Kent versus Secret Insurance Agent" zum Abschluss. Diese Komposition widmet er aus Dank dem "vielsaitigen" Musiker und kanadischen Radiomoderator Laurence Stevenson. Dieser hat mal eine komplette Sendung nur MSM Schmidt gewidmet und spielt außerdem beherzt Violine und elektrische Mandoline. Auf dem Track bedient allerdings Charlie Bishart die Violine, die der facettenreichen Komposition, die zuweilen auch klassisch inspiriert ertönt, eine ganz besondere Note verleiht. Da werden bei mir Erinnerungen an Jean Luc Ponty oder Jerry Goodman geweckt. Insgesamt ist Michael Schmidt mit seinem vierten Werk wohl seine reifste Leistung gelungen. Er steht seinen Vorbildern musikalisch gleichberechtigt gegenüber und gehört mit diesem unterhaltsamen Album in die Champions League der Fusion-Veröffentlichungen der letzten Jahre.
Wolfram Ehrhardt
© Progressive Newsletter 2012