CD Kritik Progressive Newsletter Nr.74 (02/2012)
Amphyrite - Amphyrite
(37:25, Thors Hammer, 1973)
Guy Descombes (g) und Christian Copier (dr) begannen 1969, zusammen Musik zu machen. Mit simplem Equipment machten sie sich an Songs ihrer Vorbilder heran: Cream, Jimi Hendrix, Rolling Stones, Santana, Mahavishnu Orchestra, Johnny Winter, Frank Zappa oder Return To Forever etwa. Zwei Jahre später lernten die beiden den Bassisten und Blues- und Boogie-Fan Bernard Farant kennen, der sofort dazu stieß. Amphyrite war geboren (der Name hat übrigens keine weitere Bedeutung). Und so wie die Bandbreite der jungen Rockmusik explodierte, wuchs die Anzahl ihrer Vorbilder. Magma, Gong, Hawkwind, Caravan und Amon Düül II waren darunter. In ihrer Heimatstadt Villefranche und der Umgebung, etwa an der nahen Universität von Lyon, gaben sie Konzerte, spielten mit anderen Bands zusammen. Für den Lebensunterhalt reichte das nicht, dafür spielten sie im Apostrophe-Orchester, doch für Amphyrite taten sie alles. Der innige Wunsch, eine eigene Platte einzuspielen, ging trotz der ständigen Abwesenheit größerer Geldmengen in Erfüllung. 1973 fanden Amphyrite unter Vermittlung eines Freundes in Bourg-en-Bresse einen Ort, die sieben Stücke für ihre LP in einem Studio aufzunehmen. Die rein instrumentalen Songs (7 Tracks, 37:23 Minuten) sind recht rau und dunkel, leben von der steten Melodiearbeit des Gitarristen und der recht harschen, hingebungsvollen Begleitung der kaum weniger melodisch und vordergründig arbeitenden Mitarbeiter an Bass und Schlagzeug. Einflüsse ihrer Vorbilder sind marginal herauszuhören, die Studiosession kommt in ihrer crimsonesk harschen Mischung der drei klassischen Rockinstrumente sehr intensiv rüber. Manches Motiv ist nachdenklich lyrisch und doch ist kein Song besonders eingängig. Der krass nervöse Stil, irgendwo im progressiven Jazzrock angesiedelt, kümmert sich kaum darum, gefallen zu wollen, sondern wählt Intensität und Tiefgang. Besonders extravagant sind die Kompositionen kaum, wenn auch diverse raffinierte Ideen zu hören sind, und hier mal eine humoristische Notiz angespielt, dort ein fabelhaftes, (scha)manisches und nicht technisch posiges Schlagzeugsolo Teil des Songs ist. Amphyrite gehören gewiss nicht zu den großen Bands der alten Progressive Rock Szene, nicht einmal innerhalb der französischen. Indes ist ihre LP gewiss ein toller Geheimtipp, in dem nicht die abgefahrenste und komplexeste Musik stattfindet, dafür intensives und schön raues, drahtiges, unabhängiges, progressives Rock-Zeug.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2012