CD Kritik Progressive Newsletter Nr.74 (02/2012)
Steve Hogarth / Richard Barbieri - Not the weapon but the hand
(46:41, KScope, 2012)
Die Wege von Steve Hogarth und Richard Barbieri kreuzten sich mehrmals auf unterschiedliche Weise. Bereits seit frühesten Tagen war Steve Hogarth ein Fan der Musik der New Wave / Art Pop Pioniere Japan, bei denen Richard Barbieri in den späten 70ern und frühen 80ern zusammen mit u.a. David Sylvian und Mick Karn seine ersten musikalischen Meriten erntete. Dies spiegelte sich zum Teil auch in den Bands How We Live und Europeans wider, bei denen Hogarth vor seinem Einstieg bei Marillion aktiv war. In den 90ern traten dann wiederum Porcupine Tree im Vorprogramm von Marillion auf und so trafen Hogarth und Barbieri persönlich aufeinander. Der daraus resultierende Kontakt führte schließlich dazu, dass beim 97er Soloalbum "Ice cream genius" von Steve Hogarth alias h und der darauffolgenden Tour Richard Barbieri die Keyboards bediente. Aufgrund der recht prall gefüllten Terminpläne war eine weitere gemeinsame Zusammenarbeit vor allem ein organisatorisches Problem, für welches man für das nun erschienene, gemeinsame Album "Not the weapon but the hand" erst im letzten Jahr die entsprechenden zeitlichen Freiräume fand. Der Longplayer vereint sehr grob gesprochen die gemeinsamen Schnittmengen der beiden musikalischen Welten der Künstler. Die Atmosphäre und natürlich die Stimme nehmen den Weg auf, den Marillion in den letzten Jahren eingeschlagen haben, während die moderaten, soundtechnischen Begleitungen an die eher ruhige Seite von Porcupine Tree erinnern. Zwar gibt sich Barbieri einmal mehr als Sound-Designer denn als Keyboarder, doch geht er dabei niemals so weit, wie auf seinen Solowerken, die mehr im elektronischen Bereich angesiedelt sind. Mit u.a. Chris Maitland (ex-Porcupine Tree) und Arran Ahmun (John Martyn) als weitere Musiker hat man zudem das passende Begleitpersonal für ein mehr im Rockkontext angesiedeltes Album am Start. So ist das Material dieser Scheibe in erster Linie als eine recht tiefenentspannte, weiträumig angelegt wirkende Ansammlung von Ideen zu kategorisieren, die behutsam, gut durchdacht und niemals zu überladen die Töne zum Schwingen bringt, ohne dabei zu sehr ins Experimentelle abzugleiten. Für emotionale Ausbrüche bzw. dynamische Schwankungen ist hier ebenfalls nur begrenzt Platz und gerade wenn es mal etwas wuchtiger zur Sache geht, beginnt die Musik innerlich zu strahlen. Wenn man jedoch in erster Linie auf der Suche nach mysteriösen und zerbrechlich-schönen Klangmustern ist, findet man auf diesem Album eine sinnliche Erfüllung. Und genau dann ist diese eigene Welt der Sounds und Stimmungen eine geradezu wunderbare Erfahrung.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2012