CD Kritik Progressive Newsletter Nr.74 (02/2012)

Ga'an - Ga'an
(40:09, als MP3-Download, 2010)

Aus Chicago kommt die Newcomer-Band Ga'an. Zwar lassen sich familiäre Bande zu The Coughs, Psychic Steel und Fielded recherchieren, aber diese Bands sind mir samt und sonders unbekannt. In der Besetzung um Lindsay Powell (Keyboards, Gesang) und Seth Sher (Drums) entstand mit dem Debüt eine deutlich am Sound der 1970er angelehnte Zeuhl-Platte. Unterstützung fand das Duo dort noch bei Jeremiah Fisher (Synths) und Jason Sublette (Bass, Synths) die auf dem aktuellen Werk Black Equus von Tyson Torstensen (Bass, Synths, Synths-Bass, E-Piano) abgelöst wurden. Soviel zur Personaldebatte. Treibende, repetitive Sounds bestimmen das Spiel der Band, begleitet von lautmalerischen, engelsgleichen Gesängen Lindsay Powells. So weit, so viel Magma-Einfluss, was ja nicht weiter verwundert... Die Eigenständigkeit der Band liegt in dem heftigen Einsatz von Synthesizern begründet, welche der Musik eine abgehobene, spacige Note verleihen. Dabei kommt es allerdings auch schon mal zu quietschigen Verirrungen, die meine Sache nicht sind. Überhaupt hat das Album eine durchaus charmante Unvollkommenheit. Der Sound ist nicht besonders druckvoll, der Mix wirkt etwas verwaschen, vieles deutet darauf hin, dass die Band sehr bewusst eine besonders authentische Wirkung erzielen wollte. Daher auch der Begriff "Retro-Zeuhl", denn das Album ginge - wüssten wir es nicht besser - locker als Produkt aus der Hochzeit des Prog durch. Ich persönlich empfinde das Tun auch ein wenig Höhepunktlos. Wenn man das eröffnende "Chasmaeon" z.B. zu Rate zieht, so wird das Grande Finale mit schnellen, treibenden Rhythmen und hektischem Gesinge immer wieder durch kurze Ruhepassagen unterbrochen. Eigentümlich und auch wieder an Space-, oder gar Krautrock erinnernd, mir fehlt da der letzte Kick. Aber Freunde der genannten Spielarten werden es vermutlich besonders zu goutieren wissen. Die wenigen Informationen über die Combo vervollständigen übrigens das Bild. Die Leute geben sich ein bisschen strange und psychedelisch. Wie man merkt, bin ich noch nicht restlos von der Band überzeugt. Das liegt an meinem durchaus gespaltenen Verhältnis zu Zeuhl, aber auch an der beschriebenen Vorgehensweise. Dennoch fasziniert mich das Gebotene genug um es immer mal wieder rotieren zu lassen, und hier einen Hinweis auf die Combo zu geben. Außerdem steht das Album im Augenblick dieser Rezension kostenfrei im Netz zum "saugen" (freemusicarchive.org/ music/Gaan/). Sollte dies bei der Veröffentlichung des aktuellen PNL nicht mehr so sein, so bin ich dennoch davon überzeugt, dass man die 5 oder 6 Dollar die an anderen Stellen für das Album aufgerufen werden, durchaus guten Gewissens bezahlen kann. Das just veröffentlichte physikalische Album "Black Equus" reizt mich ja auch... Aber das gibt es nur als LP (und download) und Vinyl über den Teich zu schicken ist immer so aufwendig...

Fix Sadler



© Progressive Newsletter 2012