CD Kritik Progressive Newsletter Nr.74 (02/2012)
Trurl - Do not see me rabbit
(42:49, Privatpressung, 2011)
Hinter dem eigenartigen Projektnamen Trurl verbirgt sich als treibendes Element niemand anderes als Glass Hammer Keyboarder Fred Schendel. "Do not see me rabbit" ist ein Projekt, an dem er zwischen 2005-2006 arbeitete, das aber erst jetzt ein paar Jahre später veröffentlicht wird. Keyboarder und Soloalbum? Da denkt man natürlich zuerst an Tastenoverkill und ausschweifende Sinfonik. Doch die sieben, fast ausschließlich instrumentalen Titel - ein paar lautmalerische Gesangspassagen sind eigentlich zu vernachlässigen - kommen zwar mit jeder Menge Keyboard Bombast daher, doch ebenso bekommt hier die Gitarre jede Menge spielerischen Freiraum geboten. Im Gegensatz zu Glass Hammer ist das Solomaterial von Fred Schendel weit weniger pathetisch und von ständigen offensichtlichen Vergleichen zu Yes oder ELP durchdrungen, sondern gibt sich sperriger, expressiver und mitunter sogar mit leichten Jazz Rock Nuancen versehen. Natürlich ist auch dieses Album als offensichtliche Verbeugung vor den progressiven 70ern zu sehen, doch der Retro Prog Marke Trurl wirkt trotz der Verwendung allerlei analogen Tastenarsenals (Hammond, Mellotron, Synthesizer) unberechenbarer, experimentierfreudiger und verspielter. Die Songs sind nicht bis in letzte Detail durchkomponiert, atmen so etwas wie spontane Liveenergie und gerade durch einige Ecken und Kanten kommt das wesentlich packender als die letzten Glass Hammer Veröffentlichungen in die Gänge. Vielleicht funktioniert die Musik auch deswegen besser, weil hier keine gewisse Erwartungshaltung hinter dem Bandnamen steckt. Und mit dem rund 1-minütigen Nonsens Mariachi / Kirmes Stück "Travels with lemon on a stick" beweisen Trurl zudem augenzwinkernden Humor. "Do not see me rabbit" ist vielleicht das beste Glass Hammer Album seit dem 2002er Werk "Lex Rex", selbst wenn hier nicht die komplette Band mit an Bord war. Derzeit ist das Album übrigens nur als Download verfügbar, sollte aber entsprechende Nachfrage bestehen, könnte noch eine physische CD folgen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2012