CD Kritik Progressive Newsletter Nr.74 (02/2012)
Toehider - The first six
(68:07 + 67:01, Privatpressung, 2009-10)
Toehider - The last six
(71:39 + 59:24, Privatpressung, 2009-10)
Toehider - To hide her
(47:26, Bird's Robe Records, 2011)
Der australische Musiker Mike Mills scheint vor Kreativität gerade nur so zu sprühen. Zusammen mit seiner Band Toehider spielte er in den Jahren 2009-2010 nicht weniger als 12(!) Minialben ein, alle zusammen veröffentlicht auf zwei Doppel-CDs mit den passenden Titeln "The first six" und "The last six". Doch statt der Befürchtung mehr Masse als Klasse, bekommt man hier ausgezeichnete Rockmusik geboten, die souverän zwischen den Genres Progressive, Folk, Hard & Alternative Rock wechselt. Das Ganze wird durch eine gewissen anspruchsvollen Pop Appeal und mitunter einem Faible für sinfonische Überladenheit zusammengehalten. Aber auch der Wechsel zwischen akustischem Material, Balladen und schwungvollen Rocknummern stimmt. Das erinnert auf "The first six", das noch mehr Richtung Rock ausgerichtet ist, mal an Queen, an 70s Hard Rock im Stil von Deep Purple oder an aktuellen gitarrenbetonten Alternative Rock. Doch ein paar abgedrehte Ideen, die fast schon zappaeskes Format haben, dürfen ebenfalls nicht fehlen. Jede EP hat ihre ganze eigene Ausstrahlung und stilistischen Schwerpunkt. "The last six" klingt vom Grundansatz her etwas moderner, wird teils elektronisch und mit Ambientklängen aufgepeppt, was jedoch nicht platt wirkt, sondern Mike Mills ebenfalls mit kreativem Inhalt ausfüllt. Doch auch diese Ansammlung ist wieder deutlich Queen-lastig, von klassischem Hard Rock / Heavy Metal mit entsprechenden Monsterriffs durchzogen, kann aber auch der sinfonische Prog Bombast punkten. Hin und wieder fühlt man sich an Tenacious D, das durchgeknallte Duo um den Schauspieler Jack Black erinnert (sehr zu empfehlen der Film "Kings of Rock"), da auch textlich nicht immer alles zu ernst zu nehmen ist. Im Vergleich zu den stilistisch doch sehr vielschichtigen EPs, ist das erste reguläre Album von Toehider eher konventionell ausgefallen. Gut gemachte härtere Rockmusik mit leicht sinfonischer Schlagseite und immer wieder einigen überraschenden Einschüben. "To hide her" wirkt kompakter, etwas unspektakulärer, hat aber dafür gute Ohrwurmmelodien und Vokalarrangements, die hängen bleiben. Um dann doch nicht zu konventionell zu bleiben, beschließt das leicht avantgardistische Klangspektakel "Weren't they just playing out the swings?" das Album. Wer einen Streifzug durch die Rockmusik unternehmen möchte, wird von der Kreativität dieses positiv Verrückten begeistert sein.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2012