CD Kritik Progressive Newsletter Nr.74 (02/2012)
Special Providence - Soul alert
(60:00, Hunnia Records, 2011)
Das nenne ich mal Maßarbeit. Exakt eine Stunde Musik bietet uns der ungarische Vierer auf seinem dritten Album an. Und zwar Musik vom Allerfeinsten. Sie selbst etikettieren es als "Progjazzrockmetalturbochill". Na ja, Chillen ist hier wohl kaum angesagt, in den ersten 30 Sekunden des Openers geht es noch recht gemächlich mit Soundcollagen zu, doch dann wird gleich recht brachial gerockt. Da fetzt die Gitarre, knallt das Schlagzeug und wirbelt der Synthesizer. Sie legen also gleich zu 100% los. Ansonsten passt das Etikett perfekt, das ist viel Rock, viel Fusion, einiges an Prog Metal, etwas Prog, und turbomäßig sowieso. Vielleicht ist "Turbo" aber auch auf den einzigen Gastmusiker gemünzt, nämlich Sänger Tanka Balazs, der ansonsten in der Band Turbo aktiv ist. Mit Ausnahme des Abschlusstracks agieren Special Providence wie gewohnt als reine Instrumental-Combo. Und als solche zeigen sie ihr ganzes Können in den insgesamt zehn Titeln, und das ist absolut beeindruckend. Sei es das versierte Schlagzeugspiel eines Adam Marko, die wieselflinken Keyboardläufe des Zoltan Csery, der feine Bass von Attila Fehervari oder die variable Gitarrenarbeit von Marton Kertesz, der sowohl progmetallische Einlagen wie auch souveräne Fusion-typische Soli beherrscht. Da kommt zu keiner Sekunde Langeweile auf, denn die Mischung aus Power, Melodie und Fingerfertigkeit stimmt hier von Anfang bis Ende. Und selbst der Song mit Gesang fällt hier niveautechnisch gesehen keineswegs aus dem Rahmen. Waren es - wie auf vielen anderen Titeln auch - im zweiten Song des Albums ("Lazy boy") noch die Keyboards, die die Melodieführung übernahmen, so wird das Thema dieses Songs im abschließenden "Fences of reality" von Gastsänger Balazs aufgenommen und interpretiert. Enormer Drive und die stets spürbare fast überbordende Spielfreude entwickeln eine nachhaltige Wirkung und machen das Hören zum Genuss. Eine tolle Band aus Ungarn, die man hoffentlich bald mal wieder in unseren Breitengraden live erleben darf.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2012