CD Kritik Progressive Newsletter Nr.73 (11/2011)
Anathema - Falling deeper
(40:24, KScope, 2011)
Als Fortsetzung ihres 2008er Albums "Hindsight" nimmt auch "Falling deeper" die Idee auf, alte Songs von Anathema in neuem Gewand zu präsentieren. Dabei verfolgen die Briten größtenteils einen sehr ruhigen, fast schon zerbrechlichen Ansatz, lassen ihre Musik von weichen Arrangements eines 26-köpfigen Orchesters begleiten, die übrigens von Canterbury Urgestein Dave Stewart in Szene gesetzt wurden. Die Titel stammen von der EP "Crestfallen" (1992), vom Debüt "Serenades" (1993), der EP "Pentecoast III (1995) und "Silent enigma" (1995) - alles also noch Veröffentlichungen, die vermehrt im Doom und Gothic Metal verwurzelt waren. Davon ist jedoch bei den sehr auf das Wesentliche bzw. mehr auf die Kernaussage des jeweiligen Songs zusammengeschmolzenen Neuinterpretationen stilistisch rein gar nichts mehr geblieben, da vorherrschend akustische (Gitarre, Klavier) und atmosphärische Töne das Sagen haben. Als besondere Gastsängerin verfeinert weiterhin Anneke van Giersbergen "Everwake", wobei ihre Stimme absolut perfekt zu den ruhigen Tönen passt. Mitunter verfällt das Album zwar in zu viel elegische Atmosphäre und zu wenig musikalische Aktion, doch vor allem, wenn es mal etwas rhythmischer und dynamischer zur Sache geht (wie beim grandiosen das Album abschließenden "Sunset of age"), gewinnt der Gegensatz zwischen Orchester und Band an Kontur und Ausdruckskraft. Dieses Album ist so etwas wie der Versuch eines Brückenschlags zum hervorragenden 2010er Output "We're here because we're here" und den Frühwerken von Anathema, wobei das letzte Studioalbum dann doch als Gewinner vom Platz geht. Trotzdem ist "Falling deeper" ein Album mit hier und da vielleicht einer Spur zu viel Zurückhaltung, aber trotzdem vereint es auch einige sehr gute musikalische Momente voll trauriger Emotionalität und ergreifender Stimmungstiefe.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2011