CD Kritik Progressive Newsletter Nr.73 (11/2011)

Steve Hackett - Beyond the shrouded horizon
(58:00 + 28:51, InsideOut, 2011)

Nach schwerer privater Krise konnte Steve Hackett endlich im neuen eigenen Studio ein vollwertiges Rockalbum ohne Kompromisse einspielen (der Vorgänger "Out of the tunnels mouth" wurde im heimischen Wohnzimmer aufgenommen). "Beyond the shrouded horizon" ist eine musikalische Weltreise. Beginnend am schottischen Loch Lomond führt diese in den Orient und nach Amerika. Das Instrumental "Prairie angel" ist inspiriert von Jack Kerouac's "On the road". Mir kommt da unweigerlich eine Stelle im 8. Kapitel des 3. Gesangs in den Sinn und ich bin sicher, auch Steve hat daran gedacht (als Sal und Dean das wirklich schönste Mädchen zu sehen bekommen und Sal erklärt, dass er sich ihr ausliefern möchte und, so sie ihn nicht wolle, sich vom Rand der Welt herabzustürzen gedenke). Mir scheint es bei dieser Gelegenheit wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Heilige Schrift in der längeren Urfassung mit Klarnamen im letzten Jahr bei Rowohlt veröffentlicht wurde. Zurück zur Musik. Auch Steves neuer Output bringt die bewährte musikalische Mischung, die wir von seinen letzten Alben kennen. Da mir Diese allesamt gut gefielen, ist das auch gut so. Auffälligste Neuerung ist der verstärkte Einsatz einer Sängerin (Amanda Lehmann, angeheiratete Verwandtschaft). Von ihren Qualitäten werden wir uns bei den Konzerten im November überzeugen können. Also, das betrifft jetzt ihr Gitarrenspiel und Gesang, damit mir niemand auf dumme Gedanken kommt. Manche verschießen ihr Pulver gleich zu Beginn, Steve Hackett hat sich ein besonderes Bonbon fürs Finale aufgehoben. 12 Minuten (Longtracks war man ja bisher gar nicht so gewohnt) "Turn this Island earth" eine musikalische Achterbahnfahrt, die es in sich hat. Dauerrepeatschaltung empfohlen, so bekommt man am ehesten mit, was hier abgeht. Wenn man nicht gerade mit wirklich jedem Cent rechnen muss, sollte man sich unbedingt die Special Edition mit einer zweiten CD anschaffen. Kein ausschließlicher Zugabenstoff, könnten die überwiegend instrumentalen Stücke auch als eigenständige EP bestehen. Sehr verdienstvoll, dass auch die zwei Bonustracks der japanischen Ausgabe von "Wild orchids" enthalten sind, das erspart unsereinem den teuren Direktimport. Interessanterweise ist ein Focus-Coversong dabei (ein Auszug aus "Eruption"). "Four winds: East" und "Enter the night" sind Neueinspielungen von Songs die man bisher auch nur von japanischen Ausgaben seiner Alben aus den 90ger Jahren kannte. Da ich nach oftmaligen Hören nicht sagen kann, was man an "Beyond the shrouded horizon" hätte besser mach können, erscheinen mir 15 Punkte nicht überzogen.

Andreas Schütze



© Progressive Newsletter 2011