CD Kritik Progressive Newsletter Nr.73 (11/2011)

Dream Theater - A dramatic turn of events
(77:05, Roadrunner Records, 2011)

Die entsetzten Aufschreie vor allem im Internet nach dem überraschenden Ausstieg von Mike Portnoy sind verhallt, Dream Theater sind endlich mit dem ersten Album der post-Portnoy Ära zurück. "A dramatic turn of events" läutet trotz des "dramatischen" Albumnamens keine großartigen Wechsel ein, es setzt vielmehr die typische Tradition von Dream Theater fort, es sind eher die Details, die bei diesem Album eine Weiterentwicklung bzw. Rückkehr erkennen lassen. Am offensichtlichsten fällt der wesentlich lockerer wirkende Gesangsstil von James LaBrie auf, der in der Vergangenheit ein nicht immer unproblematisches Verhältnis zu Portnoy hatte und jetzt befreiter seine eigenen gesanglichen Vorstellungen durchsetzen kann. Gitarrist und Produzent John Petrucci kehrt neben harten Riffs wieder mehr zum gefühlvollen, ausdrucksstarken Spiel zurück, auch Bassist Johny Myung ist klanglich endlich etwas präsenter zu vernehmen. Und zu guter letzt fällt der Schlagzeugerwechsel überraschenderweise keineswegs so schwer ins Gewicht, genau genommen sind fast keine großartigen Unterschiede zu vernehmen, da man mit Mike Mangini einen sehr guten Nachfolger gefunden hat. Ansonsten gibt es neben der knapp 4-minütigen Ballade "Far from heaven" und einigen ruhigen Momenten die typische Vollbedienung aus modernem Metal und Progressive Rock, wobei man dieses Mal eine Spur harmonischer, melodischer, insgesamt kompakter agiert, der Härtegrad und die offensichtliche Komplexität zurückgefahren wurden. Auch stilistische Experimente oder Anleihen aus anderen Genres sind hier keine zu finden. Vielmehr wird zwar instrumental in einigen Passagen mächtig aufs Gas gedrückt, alles klingt aber dennoch irgendwie vertraut und eindeutig auf der eigenen Vergangenheit fußend. "A dramatic turn of events" ist kein großartiger Befreiungsschlag oder eine komplette Neuorientierung, sondern ein Album in bandtypischer Ausprägung, das zwar nicht einen der ganz vorderen Ränge einnimmt, aber trotzdem komplett überzeugen kann. Da man dieses Album noch ohne kompositorische Einbindung von Mangini aufnahm, wird wohl eher die Zukunft zeigen, ob es noch wirklich dramatische Veränderungen bei Dream Theater gibt.

Kristian Selm



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