CD Kritik Progressive Newsletter Nr.72 (97/2011)

Devin Townsend Project - Deconstruction
(70:40, InsideOut, 2011)

Endlich geruht der Meister des monumentalen Dröhnens, der Impressario des Wall of Sound, uns wieder mit einer neuen Veröffentlichung zu belohnen. Das Erstaunliche an Townsend ist ja, dass er von Album zu Album total andere Stile anschlagen kann. Mal ist schneller Schredder-Metal angesagt, mal monumentaler Prog Metal, mal rockiger Light Metal mit leichten Prog-Anleihen und dann auch mal Ambient. Trotzdem erkennt man die Scheiben immer sofort als Devin Townsend. Nach dem rockigen und vergleichsweise eingängigen "Addicted" wurde die "Deconstruction" als chaotischer, extremer Metal angekündigt. Nun, ich bin ja schon recht abgehärtet und solche Phrasen jagen mir keine Angst ein. Aber ich muss sagen, hört man die Scheibe das erste mal, kommt einem das Ganze in der Tat wirr, extrem und sehr komplex vor. Stimmt daher die Vorankündigung? Jein. Die Platte geht im Vergleich zu seinem Vorgänger oder zum genialen "Ziltoid" mehr in Richtung seiner alten Band Strapping Young Lad, also extreme Gitarren, öfters mal Grunzgesang oder Gekreische. Und das alles umrahmt von sehr komplexen abgehackten Rhythmen. Eingänge Melodien sind eher die Ausnahme. Anfangs lauschte ich und war eher enttäuscht. Es kommt einem vor wie ein endloser Brei an Gefrickel, der da an einem vorbeizieht. Ich war eher geneigt, den Silberling erstmal wegzulegen. Aber man hat ja Erfahrung und weiß, dass grad im Prog man ein Album öfters anhören muss. Also hab ich das Ding mit Dauerschleife stundenlang laufen lassen. Und in der Tat, im Laufe der Zeit schälen sich Strukturen heraus und man kann Lieder und deren Entwicklung von anderen unterscheiden. Das ruhige Intro "Praise the lowered", das burleske "Julaar", das schrubbig-schnelle "Pandemic", das humorig-chaotische "Deconstruction" (das Dünnpfiffgeräusch ist wirklich nett gemacht) und den monumentalen Longsong "The mighty masturbator". Das Ganze ist ja gewollt komplex und chaotisch, von daher sollte man's vielleicht nicht mit anderen Alben vergleichen, aber man tut es trotzdem automatisch. Also, "Deconstruction" ist nicht so gut wie der moderne Klassiker "Ziltoid", an den Townsend wohl auch selbst so schnell nicht mehr herankommen wird, aber es ist auch nicht sooo extrem, wie in viele anderen Kritiken sicher zu lesen sein wird. Der DT-Fan wird es gut finden, Außenstehende wird der Fluchtreflex ergreifen.

Stefan Ludmann



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