CD Kritik Progressive Newsletter Nr.71 (04/2011)
Pikapika Teart - Moonberry
(43:19 AltRock, 2010)
Könnten diese Seiten singen, sie sängen ein Loblied auf AltRock. Das in Mailand ansässige Label um den umtriebigen "Capo" Marcello Marinone veröffentlicht seit 5 Jahren Alben aus dem Umfeld KammerProg, Jazzrock, RIO und Avantgarde. Dabei handelt es häufig um exotische Bands aus allerlei Ländern, welche mit unerhörter Qualität unsere Ohren umschmeicheln. Pikapika Teart wurde 2004 im sibirischen Krasnojarsk gegründet und vermutlich würde die Band bis zum Nimmerleinstag im Proberaum musizieren, hätte Marinone sie nicht "entdeckt". Ihr Debüt erschien Ende 2010 und weitere Alben sind bereits angekündigt. Das Ensemble (Gitarren, Bass, Schlagzeug, Klarinette, Klavier, Violine, Viola) spielt einen eklektischen KammerProg der akustische Elemente mit einem Rock-Ensemble verbindet und gelegentliche Fingerzeige in Richtung retroproggiger Systematiken bietet. Andeutungen von freiförmiger Avantgarde werden genau so eingebunden, wie melancholische Folklore der langen Winter Sibiriens. Pikapika Teart befindet sich in recht guter Gesellschaft solcher Bands wie Rational Diet oder Aranis. Besser; sie bieten sich als "missing link" zwischen den beiden genannten Vergleichsbands an. Sie sind ähnlich rockig wie Rational Diet, aber beschwingter, eleganter, und deutlich stärker Stravinsky-beeinflusst. Sie sind fast so klassisch ausgerichtet wie Aranis, aber rhythmisch-rockiger. Die knappe 3/4-Stunde des Albums bietet wunderschöne Musik für Freunde anspruchsvollerer Klänge, ohne dabei in wahlloses "PlingPlang" zu verfallen. Weitgehend instrumental gehalten, ergänzen a cappella vorgetragene Mini-Stücke das Soundbild. Diese kurzen Momente werden von der Stimme Marvasya Kozhevrova getragen und verfügen über eine regelrecht mystische Ausstrahlung. Bestimmt wird die Platte aber eindeutig von kompakten, klassisch geprägten Musikstücken, deren führende Elemente die akustischen Instrumente sind. Umso mitreißender wirken gelegentliche Gitarren-Einlagen, welche stilistisch an King Crimson erinnern. Ebenfalls sagt man der Band einen Einfluss aus "Minimal Music" nach. Eine neue Band aus dem AltRock-Stall, und wenn ich dem Label kein ausreichendes Loblied gewidmet haben sollte, so doch sicher dieser Platte, die ich allerbesten Gewissens einfach nur empfehlen kann. Hoffentlich kommen wir irgendwann in den Genuss das auch mal live zu bestaunen.
Fix Sadler
© Progressive Newsletter 2011