CD Kritik Progressive Newsletter Nr.71 (04/2011)
Antimatter - Alternative matter
(53:08 + 54:04 + 29:54 + DVD, Prophecy Productions, 2010)
Seit (über) zehn Jahren besteht die Formation Antimatter, vor (knapp) zehn Jahren erschien mit "Saviour" ihr bis heute begeisterndes Debüt. Gleichzeitig hat sich mit Duncan Patterson (ex-Anathema, Ion) bereits vor fünf Jahren eines der beiden Gründungsmitglieder dauerhaft verabschiedet - genügend Anlässe also für eine Rückschau anlässlich des Dienstjubiläums. Diese ist in zwei Versionen erhältlich: Als 2 CDs im Digibook sowie als in begrenzter Auflage von 1.000 Exemplaren erscheinendes 104-seitiges "Artbook" im Format 29x29cm mit 3 CD + 1DVD. Dieser leinen gebundene Brummer ist so schon haptisch beeindruckend, so schwer und vor allem so schön, wie es manches "Coffee Table Book" gern wäre. Hier wurde weder am Papier, an Typo und Druck noch an den (ganz- oder gar doppelseitig reproduzierten!) Fotos gespart. Ein nettes Detail dabei ist, dass man die Namen der Lichtbildkünstler mal nicht verschwiegen oder in einem Anhang versteckt, sondern gleich auf der jeweiligen Seite untergebracht hat. Die Liner Notes stammen vom heute allein die Geschicke der Antimaterie steuernden Gründer Mick Moss und ergeben eine lesenswerte Zusammenfassung der überaus wechselhaften Geschicke einer Formation, die sich selbst schon als "traurigste Band der Welt" bezeichnete. Einzig das Fehlen einer Diskographie könnte man der Edition anlasten. Zur Musik: Da hier einerseits alle wichtigen Kompositionen abgedeckt und andererseits überwiegend unveröffentlichte Versionen zusammengestellt wurden, ist "Alternative matter" sowohl eine ideale Art, die Band kennenzulernen wie natürlich auch ein Muss für Fans. Die werden hier allein schon für die enthaltenen Versionen mit Anathemas Danny Cavanagh an Gitarre und teils auch Gesang (vgl. "Flowers") zuschlagen wollen. Kompositionen wie "Far away", "In stone", "Over your shoulder", "Lost control" oder "Angelic" gehören ohnehin zum Schönsten, was überhaupt je auf diesem Rezensierteller gelandet ist. CD 3 versammelt unter dem Motto "Forbidden matter" neben Demos in ihrer Ur-Form auch Remix-Bearbeitungen von Antimatter-Material durch andere Künstler - interessant. In Summe 29 Stücke und 130 Minuten erlesener, hochmelodischer Schwermut, die aber durchaus auch aufrichtend wirken kann. Zur DVD: Diese bietet mit "The small yesterdays" eine auf Interviews mit Mick und Duncan beruhende Dokumentation, dazu gibt es Raritäten wie eine frühe Solo-Version von "Saviour", auf der Mick Moss manchmal beinahe an Bob Mould erinnert. Aufwändige Video-Produktionen zu "Epitaph" und "Conspire" (Zeichentrick in Aquarelltechnik mit stroboskopischen Verwandlungseffekten) runden diesen schwarzen Gedenkstein ab - vielleicht der schönste, den sich ein Musiker je selbst gesetzt hat. Bei Bestellung im Prophecy-Webshop kostet das Digibook knapp 18, das Artbook enorm günstig erscheinende knapp 40 Euro, bei versandkostenfreier Lieferung.
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2011