CD Kritik Progressive Newsletter Nr.71 (04/2011)
After... - Live at home
(79:15, Oskar, 2010)
Die polnischen New Art Rocker von After... bringen nach nur zwei Studio-Veröffentlichungen schon eine Live-Scheibe heraus. Grundsätzlich bin ich da etwas skeptisch, ob das nicht doch zu früh für ein abwechslungsreiches Release ist. Aber wer die beiden bisherigen CDs kennt und zum ersten mal "Live at home" hört, müsste von der druckvolleren Klangarchitektur im Gegensatz zu den Studio-Scheiben überzeugt sein. Die am 31. Januar 2009 in ihrer Heimatstadt Wloclawek (Leslau) aufgenommene CD bietet einen umfassenden Querschnitt ihrer bisherigen Kreativität, wobei mit "Planet Caravan" ein unveröffentlichtes Stück eingespielt wurde. Es handelt sich hierbei allerdings um keine Eigenkomposition, sondern um eine Coverversion von Black Sabbath's "Paranoid" Album. Wem die Musik von After... bisher nichts sagt, sollte sich bezüglich der Zuneigung der Band zu den britischen Altrockern nicht auf eine verkehrte Fährte führen lassen. Denn es handelt sich hier um ein sphärisch-ätherisches Stück, das erst zum Schluss an Fahrt aufnimmt. Grundsätzlich bewegen sich die Polen eher in einem ansprechenden Mix der musikalischen Klangräume von Riverside, den aktuellen Quidam und Porcupine Tree. Die sechs Musiker hinterlassen einen positiven Live-Eindruck, da sie äußerst homogen und bestens eingespielt aus den Boxen tönen. Sänger Krzysiek "Sooya" Drogowski weiß ebenfalls mit seinem ansprechenden Timbre zu gefallen, auch wenn er nicht die magischen Qualitäten eines Mariusz Duda aufweisen kann. Die 79-minütige Hörreise verläuft wie in einem flüssigen Strom ohne allzu große Hindernisse. Natürlich windet sich der musikalische Fluss in Rhythmuswechseln, überwindet Klippen und kleinere Wasserfälle durch hardrockende Elemente oder fließt gemäßigt durch naturbelassene Auen-Landschaften, untermalt durch melodisch-atmosphärische Tonreigen mit psychedelischen Ausflügen. Trotz der musikalischen Präsenz von zwei Gitarren wissen gerade die vielfältigen Keyboardklänge von Tomek Wisniewski einen gleichwertigen Gegenpart zu setzen. Die Mischung zwischen raueren Attacken und melodiösen Arrangements steht hier für meinen Geschmack in einem ansprechenden Verhältnis, wobei die raueren Töne einen untergeordneten Anteil einnehmen. Der Sound kommt äußerst präsent und auch fett aus den Boxen, sodass die Klangästheten ebenfalls ihre Freude haben sollten. Für After... -Neulinge ist "Live at home" jedenfalls eine empfehlenswerte Einsteiger-CD. Ich bin nach der hörenswerten Live-Einspielung nun umso mehr auf die dritte Studio-Veröffentlichung gespannt.
Wolfram Ehrhardt
© Progressive Newsletter 2011