CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)
Anyone's Daughter - Adonis
(64:39, Tempus Fugit, 1979)
Selbst wenn es aus den unterschiedlichsten Gründen mit der Wiederveröffentlichung etwas länger als geplant gedauert hat, so hat sich das Warten auf "Adonis", dem plattentechnischen Debüt von Anyone's Daughter, absolut gelohnt. Bereits in den 90ern gab es eine digitale, limitierte Auflage des Vinyl Tonträgers von 1979 beim Wustmann Label WMMS, doch bereits seit einiger Zeit war es extrem schwierig, an die CD Ausgabe heranzukommen. Wie bereits bei der Wiederveröffentlichung von "Piktors Verwandlungen", dem größten kommerziellen Erfolg der schwäbischen Art Rocker, hat Tempus Fugit zusammen mit der Band auch bei "Adonis" wiederum ganze Arbeit geleistet. Das Original Album, ursprünglich bei Brain / Metronome erschienen, wurde von Keyboarder Matthias Ulmer im eigenen Studio sorgsam remastert, dazu noch um zwei bisher komplett unveröffentlichte Titel von 1977 und einen verschollen geglaubten Videoclip von "Come away", sowie ein ausführliches Booklet und das Original Cover der LP ergänzt. Mit ihrem Erstlingswerk gelang Anyone's Daughter ein lyrisch-verträumtes Sinfonikwerk, das definitiv zu den Highlights des Art / Progressive Rocks der späten 70er gehört. Zentraler Titel ist das viergeteilte, über 24-minütige "Adonis", das ursprünglich die erste Seite der Vinylausgabe repräsentierte. Schwankend zwischen verspielter Leichtigkeit und melodischer Euphorie enthält dieser Longtrack alles, was sinfonische Rockmusik in seiner ganzen Schönheit auszeichnet. Die zweite Seite enthält als Gegenpol mit dem kurzen, recht straighten "Sally" einen gewollten, musikalisch eher simpleren Ausgleich, was jedoch durch das schwebende Instrumental "Blue house" und besonders vom über 9-minütigen, sehr energetischen Konzertklassiker "Anyone's Daughter" locker übertroffen wird. Doch auch die beiden bisher unveröffentlichten Titel "The taker" und "The warship", die 1977 live in Schorndorf mitgeschnitten wurden, bewegen sich fast auf gleichem Niveau wie das restliche Album und dokumentieren, dass sich das jahrelange Zusammenspiel des Quartetts in den 70ern absolut auszahlte. Für alle Anhänger des melodisch-sinfonischen Progressive / Art Rocks ist dieses Album ein wunderbarer Trip in die Vergangenheit, der auch heute nichts von seiner samtenen, heimeligen Wirkung verloren hat. Die Erstauflage von 2.000 Stück ist übrigens als Pappschuber mit einem verkleinerten Nachdruck eines Konzertposters aus jener Zeit erhältlich.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2010