CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)

Dave Kulju - Notes in the margin
(51:21, Privatpressung, 2010)

Bei Gitarristen auf Solopfaden denkt man reflexartig an wilde, sinnentleerte Akrobatik im Saitennirvana, aber es geht glücklicherweise auch anders. Dave Kulju ist "hauptberuflich" Gitarrist beim progressiven Instrumentaltrio Electrum, bei seinem aktuellen Soloalbum "Notes in the margin" nahm er jedoch fast alles selbst in die Hand. Glücklicherweise fast, denn mit Frank Basile trommelt ein echter Schlagzeuger, die Gastauftritte von Annie Oye (Gesang) und Ian Cameron (Geige) tun ihr übriges für ein klanglich sehr variabel gestaltetes Album. Dave Kulju legt bei seinen instrumentalen Exkursionen viel Wert auf Songdienlichkeit und harmonische Kompaktheit. Seine Saitenarbeit ist dezent, aber effektvoll, stellenweise hart und präzise, ohne heavy zu sein, er verliert bei seiner Spielweise niemals die Melodik aus den Augen. Daneben räumt er erstaunlicherweise auch anderen Instrumenten entsprechende Freiräume ein, gerade die sachten, verspielten Keyboardparts bzw. elegischen Klangflächen bieten einen Ausgleich zur Saitenpräsenz, während auch das groovende Bassspiel zu gefallen weiß. "Notes in the margin" rockt stellenweise, hat sich aber auch sinfonische Verspieltheiten, Ambient Sounds und sanfte, langsam ausholende Parts auf die Fahne geschrieben. Weiterhin positives Merkmal: das Album kommt ohne wirkliche inhaltlichen Durchhänger aus. Einziges Manko: vielleicht sind einige Ideen eine Spur zu unaufgeregt und unauffällig geraten, um mehr Aufmerksamkeit zu erreichen. Trotzdem ein schönes, richtig gutes Album.

Kristian Selm



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