CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)

The Enid - Journey's end
(45:00, EnidiWorks, 2010)

Ob man sie jetzt mag oder nicht - eines muss man ihnen lassen: The Enid haben ihren ureigenen Stil definiert und im Laufe vieler Jahre weiter entwickelt. Nachdem es einige Zeit still um sie geworden war, ist die Band um Mastermind Robert John Godfrey wieder zurück, und zwar mit einem neuen Album betitelt "Journey's end". Ob dies nun wirklich das Ende der musikalischen Reise des Herrn Godfrey ist, sei mal dahingestellt. Beim Auftaktsong "Terra Firma" wäre ich jedenfalls niemals auf die Idee gekommen, dass es sich um die Briten handeln würde. Doch einige Songs später wiederum sieht es genau anders aus: hier wäre ich jede Wette eingegangen, das kann nur The Enid sein, nichts Anderes. Und so fällt dieses Album eben genau aus: neben den typischen Enid Trademarks gibt es auch einige neue Elemente. So spielt mit Max Read ein hauptamtlicher Sänger in der ansonsten zumeist rein instrumental agierenden Band eine wichtige Rolle. Neben Godfrey ist von der Urbesetzung nur noch Schlagzeuger Dave Storey dabei. Dazu kommen noch Nick Willes (Bass, Timpani, Percussion), Jason Ducker (Guitars) und Elsa (Growl), wobei Letzteres komplett irreführend ist und getrost ignoriert werden darf. Geblieben ist dieser typische Enid-Keyboard-Bombast, der gelegentlich dermaßen zuckersüß oder auch überzogen opulent daher kommt, dass schon fast die Schmerz- bzw. auch Kitschgrenze gestreift oder gar überschritten wird. Aber das war bei Enid schon immer so, und das machte schon immer ihren Sound aus. Gitarrist Ducker tritt ganz in der Tradition des alten Enid-Gitarristen Stephen Stewart an, und weiß sich ebenso einzubringen und ein paar Gegenpunkte zum Keyboardbombast zu setzen. Aber man sollte nicht unterschätzen, dass auf dem neuen Werk eben auch andere Töne zu hören sind. So ist beispielsweise ein klassischer Ohrwurm vertreten: "Space surfing" gräbt sich mit eingängigem Refrain und sehr präsenter Rhythmusarbeit gnadenlos in die Gehörgänge ein. Derartiges kannte man von The Enid bisher eher nicht. Insgesamt ist Godfrey & Co. ein schönes Werk gelungen, das sich der Enid-Fan allemal zulegen wird, und möglicherweise auch den einen oder anderen Fan erreichen könnte, dem Enid bisher noch völlig unbekannt war. Möglicherweise hat auch der Loreley-Auftritt beim diesjährigen Night of the Prog Festival geholfen. Dort sind sie nach Marillion aufgetreten (ob erfolgreich, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis, da ich nur am ersten Festivaltag vor Ort war).

Jürgen Meurer



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