CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)
District 97 - Hybrid child
(55:08, Laser's Edge, 2010)
Wenn eine Band damit wirbt, als einzige Progressive Rock in ihrem Line-Up als Sängerin eine Finalistin von "American Idol" (das grausige Original zum noch viel furchtbareren "Deutschland sucht den Superdepp"), sowie eine Cellistin des Chicago Symphony Orchestra zu beinhalten, dann ist das entweder ein geschickter Werbeschachzug für etwas mehr Aufmerksamkeit oder der Versuch, von den eigenen minderen Qualitäten abzulenken. Bei District 97 trifft zum Glück Ersteres zu, wobei ebenfalls recht erstaunlich ist, um was für recht junge Musiker es sich bei dieser Band aus Chicago handelt. Es gibt also doch noch die Hoffnung auf Prog Nachwuchs in diesem altersmäßig doch recht angetagten Genre. "Hybrid child" ist somit das Debüt von District 97, für das sich auch gleich noch das prestigeträchtige Label The Laser's Edge begeistern konnte. Da dort eigentlich kein richtiger Schrott veröffentlicht wird, ist gewährleitstet, dass das Qualitätsniveau ansprechend gestaltet ist. District 97 sind vom Grundsätzlichen mehr im härteren Progressive Rock unterwegs, jedoch keineswegs als Prog Metal Band zu titulieren. Heftige Riffs gehören zwar zum Handwerkszeug, aber ebenso geschmackvoll eingesetztes Cello, guter Gesang, sowie Instrumentalparts und Soli, die im Spannungsbereich zwischen klassischem Progressive Rock und modernen Ansätzen aufhorchen lassen. Andererseits hat man mit dem etwas nervigen Opener "I don't wanna wait another day" und einer bis zum Erbrechen wiederholten Textzeile keinen so geglückten Start gewählt, weist weiterhin das in 10 Einzelteile aufgesplittete "Mindscan" gewissen inhaltlichen Leerlauf und nicht immer zielführende Klangexperimente auf. Trotzdem, hier sind junge Musiker mit deutlich erkennbarem Potenzial am Start, denen einfach noch der letzte kompositorische Feinschliff fehlt. Talent ist also vorhanden, jetzt muss man es nur noch beim nächsten Album in die 100% korrekte Richtung lenken. Bis dahin ist "Hybrid child" ein geglücktes Ausrufezeichen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2010