CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)

Dear John Letter - Part & fragment
(59:24, Labelship, 2010)

Augsburg. Das klingt nach schwäbisch-bayrischer Provinz. Vor zwei Jahren bewiesen Dear John Letter mit "Leaves / Forestal", dass eben auch im Niemandsland von Deutschland der Wind der großen weiten Welt vorbeiweht. Schon die geschmackvolle Verpackung zwischen Kunst und Information ist nicht alltäglich, während der Fünfer dazu eine musikalische Form gefunden hat, die zwar viel auf subversive Gitarrenakkorde setzt, aber gleichzeitig dosierte Stilbrüche wagt. Leicht kategorisieren lassen sich Dear John Letter deshalb noch viel weniger. Klar, scheint hier die schrammelnde Romantik vom Alternative Rock durch, wagt man Dynamiksprünge, das Spiel mit laut und leise, wie man es aus dem Post Rock kennt. Doch verschwimmen die einzelnen Fragmente zu etwas großen Ganzen. Leichte Verwischung mit psychedelischen Farben und progressiver Experimentierfreudigkeit und Klangfarben tun ihr Übriges dazu. Nicht zu Unrecht ist man bei den Kritikern beliebt, finden sich lobende Werte für mehr kompositorische Direktheit und melancholische Lebensfreude. "Part & fragment" ist keine bloße Weiterführung, sondern eine deutlich erkennbare Weiterentwicklung. Und die klingt nun wirklich nicht nach heimeliger, peinlicher Provinzialität.

Kristian Selm



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