CD Kritik Progressive Newsletter Nr.6 (12/1995)
Red Shift - Melt into shape
(40:02, WEA, 1995)
Düstere, stimmungsvolle Alben scheinen momentan in Nordeuropa sehr in Mode zu sein. Dass davon auch die großen Plattenfirmen, in diesem Falle Warner, Wind bekommen haben, ist umso erfreulicher. Somit wird einem breiteren Publikum die melancholische, ruhige Seite des Progs zugänglich gemacht. Red Shift aus Schweden sind Vertreter dieser Spielart, die durch sehr große atmosphärische Dichte beeindrucken. Prägend ist die Hammond, die immer wieder verspielte Melodiestrukturen, klanglich jedoch immer recht dunkel und gruftig, dem bestimmenden Gesang entgegensetzt. Der melancholische Stil von Michael Dee erinnert mich an David Bowie, wobei die musikalische Grundlage jedoch einer andere ist. Bass und Schlagzeug liefern ein langsames Grundgerüst und sorgen rhythmisch für keine große Abwechslung, da das Tempo auf dem ganzen Album relativ gleich bleibt. Den dichten Kompositionen mit prägenden Hammond- und schwirrenden Gitarrenakkorden wird zusätzlich gelegentlicher zerbrechlicher Sprechgesang hinzugefügt. Die Kompositionen sind eher als Endlos-Lied angelegt, da inhaltlich nicht sehr viel passiert. So könnten die einzelnen Songs ebenso zehn oder zwanzig Minuten lang sein, aber meist enden sie nach vier bis sieben Minuten. Die düstere Stimmung ist der grundsätzliche Inhalt dieser Scheibe, die so aber wohl doch keinem breiteren Publikum gefallen wird, da dies zu langweilig ist und sich die große Masse nicht nur durch Atmosphäre beeindrucken lässt. Ein sehr schönes, ruhiges Album ohne sonderliche Überraschungen, das sich bestens zur Jahreszeit der langen, dunklen Nächte eignet. Wer mehr Abwechslung möchte und zu viel Molltöne langweilig findet, für den ist diese Veröffentlichung mit Sicherheit nichts, da er bestimmt nach relativ kurzer Spieldauer sanft entschlummert ist.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1995