CD Kritik Progressive Newsletter Nr.6 (12/1995)

Kenso - Inei no fue (Live Vol.2)
(62:03, Belle Antique, 1995)

Wie sich der aufmerksame Leser vielleicht erinnert, hab ich schon mal in einem anderen Magazin über eine Kenso Live CD was geschrieben. Da es sich bei diesem Album um das "Volume 2" handelt, also die Fortsetzung, habe ich mir das Ding gleich besorgt, mich hingesetzt und die Kritik reingehackt. Als erstes fällt man wieder die unschöne japanische Eigenart, Livestücke manchmal einzublenden oder gleich nach dem Schluss, ohne dass die Zuschauer richtig zu Wort gekommen sind, auch wieder auszublenden. Dann hört man sich weiter rein und der typische Kenso-Stil nimmt einen gleich wieder gefangen. Diese einmalig geniale Instrumentalmischung aus Prog und Jazz Rock gibt es wirklich nur von dieser Band. Ich kenne keine andere, die diesen Stil(mix) so beherrscht oder überhaupt im Programm hat. Wie schon auf dem ersten Livealbum "Live 92" wieder die Besetzung mit zwei Keyboardern, manchmal kommt auch die Flöte dazu. Dies v.a. in den ruhigen Passagen, wie z.B. bei "Sea", das auf diesem Album auf einmal "Umi" heißt, was wohl die japanische Übersetzung sein wird. Die Keyboards dominieren also oft oder besser gesagt bilden das Grundgerüst, zwischen dem sich die anderen Instrumente tummeln. Es sind wie gesagt auch jazzige Einflüsse typisch für Kenso, aber die Instrumentierung ist doch rockig, d.h. kein Sax, keine Klarinette und auch kein Gebläse usw., sondern eben wie "normal" Gitarre, Bass und Schlagzeug. Auch diese CD bietet ausgefeilten Prog-Jazz Rock mit hervorragenden Musikern, geilen Soli, frischen Ideen und schönen Melodien. So machen es auch hier die immer präsenten Keyboards mit sehr guten Soli es dem Prog-Liebhaber leicht, sich in die Musik reinzufinden, denn mit dem typischen Jazz haben die Japaner nicht viel gemeinsam. Das wär's soweit zu den Pluspunkten. Nun zu dem Negativen. Ich finde die Art wie dir Stücke gespielt werden und auch die Produktion nicht so gut, wie auf der "Live 92". Das heißt jetzt nicht, dass es wie aus dem Mülleimer klingt, aber eben nicht ganz so gut und glatt wie bei der anderen Live CD. Diese hier klingt kantiger und ungeschliffener. Wohl auch, weil die Stücke aus mehren Konzerten zusammengesammelt sind, die auch zu verschiedenen Zeiten aufgenommen wurden ('70, '81, '92 und '89). Für mich gilt aber als entscheidender Minuspunkt die Auswahl der Songs. Wer von Kenso schon die bereits erwähnte "Live 92" hat und auch das "Early Live" Album kennt, für den sind fast alle Lieder bereits als Live-Stücke bekannt. Man hätte sich wirklich mehr auf Stücke konzentrieren sollen, die noch auf keiner Livepressung drauf waren. So kommt einem eben alles schon bekannt vor und man sieht nicht ganz ein, warum man diese CD kaufen sollte. Kennt man die beiden anderen Live-Alben aber nicht, wäre die Beurteilung natürlich ganz anders. Als Fazit empfehle ich allen, die sich überlegen bei Kenso einzusteigen, eher die "Live 92" (ca. 70 Minuten, 1993). Sie ist als Livealbum besser und auch als "Best of Kenso" nur wärmstens zu empfehlen. Kenner und Liebhaber der Band können sich aber "Inei non fue" trotzdem auch ohne irgendwelche musikalische Bedenken aneignen. Wenn man aber die finanzielle Seite von Japanimporten in Betracht zieht und von einer Band nicht jedes Album braucht, dann würde ich hier zum Verzicht raten.

El Supremo



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