CD Kritik Progressive Newsletter Nr.6 (12/1995)
Cliffhanger - Cold steel
(57:37, SI Music, 1995)
Die völlig überraschenden Nachrichten kommen dieses mal aus Holland: SI kann doch noch CDs veröffentlichen, die etwas taugen. Was noch unglaublicher ist, es ist dieses mal eine niederländische Band und sie spielen, man traut seinen Ohren kaum, keinen Neo Prog! Vielmehr wird hier abwechslungsreicher Prog Rock serviert, in dem allerlei eigene Zutaten, wie auch Anleihen an Gruppen, wie Genesis, King Crimson oder U.K. Platz finden. Dabei wird jedoch keine Gruppe kopiert, nur kommen einem gewisse Strukturen oder Klänge irgendwie verwandt vor. Diese Mixtur aus virtuosen Tastenläufen, krachendem Bass und gelegentlichen Gitarrensoli wird überzeugend gespielt. Die Keyboards steuern die meisten Soli bei, den Rhythmus treibt der Bass prägend voran, womit die Musik sehr abwechslungsreich wird, durchsetzt von überraschenden Breaks. Der "normale" SI Käufer kann garantiert recht wenig mit Cliffhanger anfangen, trotzdem lobenswert von SI dieser Gruppe eine Chance zu geben, die ihren eigenen Weg abseits der ausgetrampelten Neo Prog Pfade geht. Schöne Melodien sind relativ wenig vorhanden, es überwiegen Moll Töne, leicht düstere Stimmungen, nur die Keyboards versuchen in dieser Welt aus "kaltem Stahl" etwas Wärme zu bringen. Schwachpunkt ist der Gesang, der zwar zum Großteil in Ordnung geht, aber doch zu emotionslos wirkt, was jedoch durch die instrumentale Arbeit mehr als ausgeglichen wird. Auf jeden Fall ist dies kein Album zum einmal Hören, da erst durch mehrmaliges Hören die Strukturen zuerst ins Hirn und dann auch in den Bauch gehen. Trotz dieses ganzen Enthusiasmus ist "Cold steel" kein Album mit Kaufzwang, da z.B. auch ich nach mehrmaligen Hören nicht vollständig in diese musikalische Welt eindringen konnte. Ein überdurchschnittlicher Silberling bleibt "Cold steel" alle mal, der für jeden seinen eigenen Reiz haben kann.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1995