CD Kritik Progressive Newsletter Nr.6 (12/1995)
Crium Delirum - Power to the carottes Live
(52:23, Legend Music, 1975)
Man tut ja seinen Ohren manchmal gar eigenartige Dinge an. Auf der Suche nach ungehörten Meisterwerken landete ich unter anderem bei diesem Teil. Dies ist definitiv einer der eigenartigsten Kombinationen, die ich mir mehr oder weniger freiwillig angehört habe. Gruppe und Plattentitel drücken eigentlich schon viel aus, was einen da erwartet. Diese abgedrehte Mischung ist aller Voraussicht nach unter Drogenkonsum entstanden. Vielleicht muss man sich ebenfalls zudröhnen oder ist wirklich extrem tolerant, um dieses Stil-Wirrwarr ohne größere Schäden zu überstehen. Da es sich um Liveaufnahmen aus den frühen 70ern handelt, ist der Sound nicht überragend, aber dies stört eigentlich nur nebensächlich. In diesem Klangchaos harmonieren Jazz, Psychedelic, Hard Rock, Rock'n'Roll, Space Rock, Folkelemente, Klassik und undefinierbarer Soundbrei geradezu hervorragend nebeneinander. Gitarren kreischen, der Bass wummert, Synthesizer blubbern vor sich hin, ab und zu gesellt sich noch ein schräges Saxophon dazu, das Schlagzeug wird extremen Belastungsproben ausgesetzt und nur schwerlich ist zum Teil eine durchgehende Struktur zu erkennen. Vom Grundmuster wird in teils sehr freien Formen gespielt und stilbestimmend sind meist jazzige oder psychedelische Elemente. Doch gibt es auch mehr Besinnliches, das aber nicht unbedingt beruhigt, sondern fremdartig vor sich hinwabert. Der exotische Einschlag mag daher rühren, dass die Titel auch teilweise in Nordafrika mitgeschnitten wurden. Ein Album für sehr tolerante Gemüter oder diejenigen, denen ein etwas unstrukturiertes Durcheinander gefällt. Aus diesem Grunde, sind Crium Delirium nur mit erhöhter Vorsicht zu genießen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1995