CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)
The Rebel Wheel - We are in the time of evil clocks
(60:00, 10t Records, 2010)
Mit ihrem dritten Album legen The Rebel Wheel mal wieder ein recht interessantes Werk vor. Im Vergleich zum "Diagramma" Album aus dem Jahre 2007 hat sich in der Besetzung einiges getan. Geblieben sind lediglich Hauptkomponist und Multiinstrumentalist David Campbell (Guitars / Vocals / Keyboards / Bass) und Angie MacIvory (Saxes / Vocals / Keyboards). Vervollständigt wird das Quartett aktuell durch die starke Rhythmustruppe Claude Prince (Bass) und Aaron Clark (Drums / Percussion). Als Gastmusiker taucht unter anderem Nathan Mahl- und auch mal Camel- Keyboarder Guy LeBlanc mit einem Synthesizersolo auf. "We are in the time of evil clocks" ist ein Album, von dem nach dem ersten Hördurchgang nicht wirklich viel hängen bleibt, das aber mit der Zeit zu wachsen vermag. Was das kanadische Quartett so stark macht, ist ihre Unvorhersehbarkeit. Sie wandeln permanent zwischen diversen Stilrichtungen. Wohlklingendem Symphonic-Prog steht im gleichen Song plötzlich schräger Jazzrock und dann wieder düstere Soundtrack-Atmosphäre gegenüber. Und diese Mixtur funktioniert bei ihnen hervorragend. Selbst die schrägen Parts, wenn beispielsweise das Saxophon auf-Teufel-komm-raus loslegt, kann ich ertragen, da die Dosierung genau stimmt, denn genau dann, wenn ich die Skip-Taste bedienen will, schwenken sie wieder um in andere Gefilde und bieten plötzlich höllisch guten Artrock. Erstaunlicherweise klingt das Album trotz der Vielfalt in sich geschlossen und stimmig. Das Cover mit einer Uhr, die I bis XIII abbildet, auf der Rückseite zeigt die Digitaluhranzeige 13:13, der Albumtitel, überhaupt die gesamte Coveraufmachung: das suggeriert eine düstere Stimmung. Und zwar für exakt 60 Minuten. Zufall? Der Opener und gleichzeitig das Titelstück bestätigt dies gleich. Unheilschwangere Keyboards, ausgesprochen präsente Bassarbeit (mal Fretless Bass, mal rumpelig in alter Anekdoten Manier) gepaart mit starkem Schlagzeugspiel und abwechslungsreicher Gitarrenarbeit - ein Start nach Maß. Die Gesangsperformance (männlich wie weiblich) geht in Ordnung, im Longsong "The discovery of witchcraft" gibt es gar eine Gesangsmelodie, die es tatsächlich schafft, sich nachhaltig in den Gehörgängen festzusetzen. Überhaupt bietet der in sieben Teile gegliederte Longtrack beispielhaft alle Komponenten, die die Musik von Rebel Wheel kennzeichnen, und gerade einige ruhige sinfonische Passagen mit Mellotronuntermalung bilden hier einen wunderbaren Gegenpart zu den eher fordernden komplexen Teilen. Schwieriges, aber keineswegs zu anstrengendes, sehr abwechslungsreiches Album. Gefällt zunehmend!
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2010