CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)

Premiata Forneria Marconi - A.D. 2010 La buona novella
(62:22, Aereostella, 2010)

Auch wenn die Abstände zwischen den regulären Studioalben inzwischen länger werden, so kann man P.F.M. nicht gerade altersbedingte Untätigkeit attestieren. Das neue Jahrtausend begann man mit dem modernen Rockalbum "Serendipity", danach folgten die sinfonische Rockoper "Dracula" (2005) und das ambitionierte Instrumentalbum "Stati di immaginazione" (2006). Seit einigen Jahren hält man nun das Werk des 1999 verstorbenen italienischen Liedermachers Fabrizio de André hoch. Noch zu dessen Lebzeiten gingen beide Ende der 70er zusammen auf Tour, bei der P.F.M. dessen Material komplett umarrangierten (festgehalten auf dem Livealbum "In concerto"). Erst 2008 erschien von P.F.M. die Live CD/DVD "Canta de André", der man nun mit "A.D. 2010 La buona novella" ein Studioalbum als Neuauflage des bereits 1970 erschienenen Konzeptwerks Andrés folgen lässt. Wie bereits von den anderen Neueinspielungen Andrés gewohnt, haben P.F.M. auch das Material von "La buona novella" komplett umgearbeitet und in wesentlich sinfonischere, teils progressive Instrumentierung und Arrangements überführt. Inhaltlich geht es um die christlichen Apokryphen, sprich Texte, die aus verschiedensten Gründen nicht in den Entstehungsprozess der Bibel aufgenommen wurden. Doch auch ohne Kenntnis der italienischen Sprache ist dieses Album im Gegensatz zum Original nicht allein auf den Text fokussiert, sondern die gefälligen, sinfonischen Strukturen machen dieses Werk fast zu einem typischen, vollwertigen P.F.M. Album neueren Datums. Dies liegt zum Teil auch daran, dass eben nicht nur das Material vom Originalalbum neu interpretiert wird, sondern neben den Arrangements wurde auch noch komplett neues Material sehr harmonisch in den Gesamtkontext eingewoben. So geht zwar alles etwas geradliniger und mehr im Rockkontext zur Sache, muss man zwar weitgehend auf ausschweifende Instrumentalteile verzichten, es bleibt aber dennoch genügend Raum für gut gemachte Musik und geschmackvoll eingestreute Gitarren- und Keyboardsoli. Durch Gastmusiker Lucio Fabbri muss man weiterhin keineswegs auf die für P.F.M. typischen Geigenparts verzichten. Wer durchaus etwas mehr italienische Texte "vertragen" kann, aber auch sofern einem die P.F.M. Alben ab dem Jahr 2005 zusagen, ist mit dieser Neuauflage eines historischen Konzeptwerks gut bedient. Eine komplette Rückkehr zu den progressiven Wurzeln der 70er sollte man allein schon aufgrund des textlichen Inhalts und als Verbeugung vor Fabrizio de André nicht erwarten.

Kristian Selm



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