CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)
Mystery - One among the living
(69:00, Unicorn Digital, 2010)
Über die Jahre haben sich Mystery immer mehr weg vom Melodic Rock hin zum sinfonischen Rock Rock entwickelt. Zwar sind auch auf "One among the living" wieder der Melodieanteil und die Zugänglichkeit recht hoch gehalten, doch sinfonischer Progressive Rock bzw. Retro Prog mit gehörigem Bombastanteil bestimmt mittlerweile das Hauptgeschehen. Sänger Benoit David dürfte derzeit vor allem einen größeren Bekanntheitsgrad als aktueller Sänger von Yes vorweisen, doch bei seiner eigentlichen Stammband benutzt er erstaunlicherweise eine ganze andere, etwas tiefere Vokalbandbreite und erinnert eigentlich an keiner Stelle an Jon Anderson. Leider sind Mystery besetzungstechnisch inzwischen zum Trio geschrumpft, doch dafür holte man sich tatkräftige Unterstützung mit ins in Boot, so dass u.a. Daryl Stuermer (Genesis, Phil Collins), Oliver Wakeman (Yes), John Jowitt (IQ) und Antoine Fafard (Spaced Out) die Band verstärken. "One among the living" ist zwar ein Album ohne große inhaltliche Überraschungen, doch der Hang zu bombastischen, packenden Melodiebögen und sinfonischem Breitwandsound ist durchaus gekonnt und geschmackssicher umgesetzt. Das Material geht von Anfang an gut ins Ohr und nützt sich auch nach mehrmaligem Anhören nicht ab, sofern man hier keine Breaks, etwaige Härte oder überraschende Wendungen erwartet. Doch auch wenn hier anspruchsvoller Schönklang und Harmonie vorherrschen, man dem Album stellenweise und etwas überspitzt formuliert eine gewisse Harmlosigkeit attestieren kann, funktionieren Mystery dennoch als geschlossene, homogene Einheit. In der logischen Fortsetzung des Vorgängeralbums "Beneath the veil of winter's face" bekommt man auf "One among the living" die elegisch-orchestrale Sinfonic / Melodic Rock Vollbedienung. Nicht mehr und nicht weniger. Und manchmal braucht man für das eigene Seelenheil einfach solche Alben.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2010