CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)

Motorpsycho - Heavy Metal fruit
(62:08, Stickman Records, 2010)

Eine gewisse Affinität zum Progressive Rock fand sich immer wieder in der umfangreichen Diskografie von Motorpsycho. Doch bei dieser Band ist immer mit Überraschungen zu rechnen, denn nie glich in der langen Geschichte ein Album unbedingt dem anderen. Auch wenn man hinter dem Albumtitel "Heavy Metal fruit" eine ganz andere Stilrichtung vermutet (der Titel ist übrigens einer Textzeile aus dem Blue Öyster Klassiker "ME 262" entliehen), so ist den Norwegern damit ihr progressivstes Album gelungen. In erster Linie dröhnen zwar die Gitarren richtig dreckig und übersteuert, doch wohl dosierte Keyboardbegleitung (u.a. jede Menge Mellotron), aber auch lange, jamartige Instrumentalpassagen sorgen für einen ordentlichen Ausschlag auf der nach oben offenen Prog Skala. Mutig beginnt man beim Opener "Starhammer (feat. The Electric Psalmon)" mit fast 2-minütiger Stille, aus der sich zäh und langsam ein Gitarrenfeedback erhebt. Um so wuchtiger ist der Start in diesen 12-minütigen brachialen Songmonolithen, der mit Mellotronakkorden und einem ewig langen, psychedelisch geprägten Gitarrensolo immer mehr in Dynamik und Dramatik bis zur Ekstase gesteigert wird. Am Ende des Albums liefern Motorpsycho mit dem rund 20-minütigen, bombastischen "Gullible's travails (Pt. I - IV)" dann nochmals eine überladene Prog Dröhnorgie ab. Dazwischen stehen 4 Tracks, die mal zerbrechlich, mal fast schon jazzig improvisativ oder in organisiertem, handfesten Krach münden, aber eben immer wieder mit dem gewissen P-Faktor angereichert werden. Mal ist völlig überraschend Platz für ein jazziges Trompetensolo (gespielt von Mathias Eick von den befreundeten Jaga Jazzist), mal scheint es für die Band keine Genregrenzen zu geben, dann groovt sich die Band unheimlich locker und vor allem sehr druckvoll durch Heavy Flower Power und rohe Rockenergie. "Heavy Metal fruit" ist ein gewaltiges, rauschhaftes Album, das nicht nur durch seine bloße, intensive Power beeindruckt, sondern ebenso mächtige Harmonien in den Äther schleudert. Filigraner Lärm, der grandiose Rockmusik mit jeder Faser des Körpers wieder spürbar macht.

Kristian Selm



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