CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)

Mandibulbe - Praxis
(43:59, Musea Parallele, 2010)

Es scheinen wohl die Zeichen der Zeit zu sein, dass wenn man sich im Internet über Google auf die Suche nach Informationen über Mandibulbe macht, man erst einmal massig Links auf zumeist russische Websites erhält, auf denen man ihr Album "Praxis" illegal und kostenfrei herunterladen kann. Doch zum Glück findet man einige Suchseiten später einen Verweis auf die Website von Musea und erhält doch noch ein paar ergänzende Informationen. Hinter Mandibulbe steckt u.a. Guillaume Fenoy, der bereits vor einigen Jahren mit 4/3 De Trio einer rein instrumentalen Mischung aus heftigem Progressive und Jazz Rock huldigte. Auch bei Mandibulbe sind vor allem harte Riffs prägend, irgendwo zwischen Metal und crimsonesken Akkordfolgen. Mit zwei Gitarristen, Bass und Schlagzeug geht es oft heftig und direkt zur Sache, das komplexe, aber trotzdem erdige Rhythmusgeflecht tut sein Übriges dazu. Die Werbung wirft als Namen neben King Crimson, auch noch in ansatzweise nachvollziehbar The Mars Volta und Tool in die Waagschale, mit Gentle Giant oder Deep Purple wird man jedoch völlig fehlgeleitet. Zu Beginn blasen einem Mandibulbe mit ihren kompakten Attacken mächtig die Gehörgänge frei, aber leider legt sich die Faszination recht schnell, da anfangs doch oftmals mit den gleichen Mitteln agiert wird. Doch scheint sich die Band des Mankos bewusst und setzt bereits auf dem vierten Track auf weitaus weniger Aggressivität und mehr Melodik. Ein kluger Schachzug, denn dadurch zieht man sich selbst auf dem eigenen Stilsumpf. Später legt man noch ein Schippe bei abdrehten Klangeskapaden drauf und so findet sich doch noch so etwas wie innere Ausgewogenheit und Abwechslung. "Praxis" ist sperrig, aber nicht unzugänglich, auf jeden Fall kein einfacher Stoff für mal so nebenbei - guter, wenn auch harter Tobak eben.

Kristian Selm



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