CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)

KTU - Quiver
(45:39, RockAdillo, 2009)

Warr Guitar - Rhythmusaperrate - Akkordeon. So lautet grob die anscheinend simple instrumentale Anordnung, die die (ehemalige) King Crimson Rhythmustruppe Trey Gunn (ex-KC) und Pat Mastelotto (noch KC) zusammen mit dem finnischen Akkordeonvirtuosen Kimmo Pohjonen alias KTU verwendet. Vor allem die vielfältigen klanglichen Möglichkeiten der Warr Guitar sorgen für ein sehr breites Soundspektrum von harten Gitarrenriffs, kreischenden Saitentönen bis hin zu slappenden Bassfiguren. Doch selbst das Akkordeon wird teilweise durch elektronische Effekte und Samples verfremdet und so seiner ursprünglichen Klangfarbe beraubt. Auch wenn bei KTU viel Effekte, elektronische Spielereien und modernes crimsoneskes Gedankengut zum Handwerkszeug gehören, ist "Quiver" definitiv kein klinisch kaltes Technikalbum. Besonders durch die kongeniale Verschmelzung des sehr energetischen, physischen Schlagzeugspiels in Verbindung mit dem im Rockkontext nicht gerade alltäglich verwendeten Akkordeon entsteht ein vielschichtiges Soundgerüst, das ganz neue Klangeindrücke offenbart. Dabei verbindet das Trio zudem die Virtuosität kunstvoller Rockmusik mit nordischen Anklängen. Dazu kommt noch lautmalerischer, gutturaler Gesang und fertig ist eine ganz eigene Art von ganz anderer, überaus druckvoller World Music. Gerade dadurch, dass sich diese ungewöhnliche Musik nur schwerlich kategorisieren lässt, da sie gleichzeitig kunstvoll, aber ebenso rockig groovig ausgestaltet wurde, zugleich mit ihrer traurigen Stimmungstiefe beeindruckt, entsteht ein ganz eigener KTU Mikrokosmos. Nicht zu Unrecht schlägt sich dies in begeisternden Rezensionen nieder, die eine Bandbreite von Jazz- bis Rockmagazinen abdecken. Einfach faszinierend anders.

Kristian Selm



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