CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)
Khatsaturjan - Disconcerto grosso
(63:02, Musea, 2010)
Was verbinde ich mit diesen Namen? Von dem russischen Komponisten Chatschaturjan stammte der bekannte "Säbeltanz". Und von der italienischen Combo New Trolls gibt es die "Concerto grosso" Reihen (Teil 1 und 2 in den 70ern, Teil 3 recht aktuell - siehe ältere PNL Ausgaben). Und was habe ich hier zu erwarten? Vielleicht etwas klassisch Angehauchtes, das aber leicht angeschrägt daherkommt? Ich hätte angesichts der abgelieferten Musik nie gedacht, dass es sich hier um eine finnische Band handelt. Doch da es sich hierbei um das bereits zweite Album dieser Band auf dem Musea-Label handelt, ist mir dieser Vierer, der in der Besetzung unverändert geblieben ist, nicht gänzlich unbekannt. Und nachdem ich schon den Erstling zu besprechen hatte, wusste ich in etwa, was mich erwarten würde. Und so ist "Disconcerto grosso" auch eine Art logische Weiterentwicklung, im Gesamtsound sind sie sich verglichen zum Debüt weitgehend treu geblieben. Eine eindeutige Schubladenzuordnung fällt hier sehr schwer. Ansätze von sinfonischem Prog sind zwar vorhanden, was speziell durch die Keyboardarbeit (viel Orgel oder Klavier, Synthesizer sind weniger dominant) hin und wieder ins Spiel gebracht wird, doch die charakteristischen Elemente sind der ausgesprochen hohe Gesangsanteil und eine teilweise durchaus gelungene, peppige Saitenbearbeitung. Alle vier Bandmitglieder werden auch als Sänger gelistet - das macht die Vielfalt in den Gesangsparts aus, ebenso aber auch ein Teil der Problematik. Denn die Gesangseinlagen sind bisweilen recht skurril. Einigen wirklich guten Arrangements mit ordentlichen stimmlichen Leistungen stehen seltsame Gesangseskapaden gegenüber, die den Genuss dieses Albums eindeutig erschweren. Schwer zu sagen, wen ich hier als Zielgruppe definieren kann. Dem Sympho-Fan dürfte der entsprechende Anteil zu niedrig sein, dem Fan härterer Gitarrentöne ist dies sicherlich nicht heavy genug. Es sind durchaus einige interessante Ideen zu vermelden, unter anderem, wenn Cello oder Geige ins Geschehen eingreifen. So ist beispielsweise das 18-minütige "Herculean" eine recht abwechslungsreiche Nummer, die mich phasenweise richtiggehend überzeugen kann, aber dann geraten sie wieder in eher gewöhnliches Fahrwasser und mein gerade erwecktes Interesse lässt wieder nach. Irgendwie nicht uninteressant, aber dann doch wieder zu unspezifisch, um dieses Album risikolos bestimmten Hörergruppen dringend empfehlen zu können. Jedenfalls völlig ohne skandinavisch-typische Melancholie.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2010