CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)
Iron Kim Style - Iron Kim Style
(55:57, Moonjune Records, 2010)
Zuerst einmal: um die CD aus dem Digipack zu holen, muss dem auf die und unter der CD abgedruckten Kim Il Sung in den Schritt gedrückt werden, um die CD überhaupt aus der Hülle zu bekommen. Kein guter Start! Diktatorschweine und ihre Körperteile sind gut für Hundefutter, aber nix für den Joke vor der Musik. Die in Seattle ansässigen Jazzrocker Iron Kim Style haben die 10 Songs ihres CD-Debüts in einen Mix aus canterburyanisch geprägtem Improvisationssound und universitärem Electric Jazz gemeißelt. Manche der ausgedehnten, luxuriös entspannten Soundflächen erinnern an Frühsiebziger Konzerte der besten Canterbury-Bands: die Gluthitze der hoch aufgekochten Atmosphäre, obschon kaum ausgefallen Extravagantes, ja überhaupt viel passiert, die jazztriefende Verschlungenheit der solistischen Versuche, das mäandernde Ineinander der Bandarrangements. Die Bläsersoli (Trompete, Bassklarinette) bringen den universitär elitären Hauch ein, die zu soft und edel gestutzte Spielweise, der 'saubere' Klang, die sphärische Verlorenheit der Themenentwicklung, der zu gesunde, etwas light und intellektuell wirkende Gruppensound - hier und da fehlt dickes, sattes Schmiermittel, Rockhärte, und die Soli könnten ausgefeilter, raffinierter, komplexer, erlesener sein. Als wollten sie alles wieder gut machen, entsinnen sie sich im vorletzten Track der Rockszene ihrer Heimatstadt und schrammeln über zweieinhalb Minuten garstigen Jazzpunk polterig und simpel zusammen, was der Band vielleicht Spaß gemacht hat, aber nichts auf der CD gut macht. Der instrumentale Sound hat viel Jazz und wenig Rock, baut auf erstklassigen Jazzrhythmus, worauf die Soundsuppe in manchem Fall gut brodelt und verführerische Düfte entwickelt. Bill Jones ist ein erlesener Trompeter, Dennis Rea versucht sich zurückhaltend im 80er Rockjazz-Sound New Yorks, bevor die heavy und kratzig waren, mit weichem, schwülstig klebrigen Echo vom Endsiebziger Jazzrock, wo nix mehr kaum noch gut war. Jay Jaskot (dr) ist ein Meister, Ryan Berg (b) zu schüchtern und Thaddeus Brophy (12 string) muss demnächst weniger seinem illustren Vornamen nachsinnen und die Saiten nicht nur verträumt anschauen. Alles zusammen ein mehr dezentes und doch hier und dort üppig rumpelndes Album mit guten Ideen.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2010