CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)

John Huldt - Rules do not apply
(56:46, Privatpressung, 2010)

ProgMetal- und Rockopern-Afficionados kennen die samtige Stimme von Philip Bynoe (u.a. Steve Vai, aber auch Bass auf diesem Album) aus dem Effeff, nicht zuletzt von Daniele Liveranis "Genius"-Trilogie, wo er Erzähler-Funktionen übernahm. Hier warnt sie in den ersten Sekunden der CD mit den prophetischen, Worten vor: "This is not as easy as it looks". Es hört sich zumindest nicht einfach an, was John Huldt auf "Uncle Bob" alles über uns herabregnen lässt. Steve Vai-Assoziationen des anfangs straffen Rockstücks machen Verweisen auf Mike Keneally Platz, nur um von einem feinziselierten Reggae verscheucht zu werden, der bei Altmeister Zappa gewiss den Hintergrund für ausgesuchte textliche Schweinereien abgegeben hätte - aber natürlich nicht auf diesem Instrumental-Album. "Someones looking for attention" zeigt eine andere Saite des Maestros - zunächst langsame, in Melodik und Ausdruck wieder an ruhigere Vai-Parts erinnernde Linien, die dann in Steve Morse-artigen Druckwellen beschleunigen, um schließlich tempomäßig komplett durch die Decke zu gehen. "Run like a freak" hingegen hat bei den Dixie Dregs gut hingehört und treibt etliche Country-Säue durchs Dorf, bis sich die heile Landwelt dann in zunächst süße Violining-Parts à la Steve Howe und schließlich in eine Art Kasatschok auflöst. Das anstrengende "... Professor Boltzmanns Factory" scheint etwas mit Satriani zu bösäugeln. "Fly" und "The sleeping beauty" sind aufgrund der majestätisch-unvergesslichen Melodien des Rezensenten Favoriten auf einem Album, das Gitarrenfans und Gitarristen wohlige - und den meisten anderen Entsetzensschauer verschaffen dürfte. Die beeindruckende Schlagzeugbedienung stammt übrigens vom griechische Jazzer Kal Drakoupolos. Auch die teils witzigen Kommentare des Meisters im Booklet sollen nicht unerwähnt bleiben(nicht nur, weil die Kollegen von iO Pages beim Rezensieren auf den Malmsteen-Joke hereingefallen sind ;-). Entgegen des Titels eine durchaus regelrechte Virtuositäts-Vollbedienung.

Klaus Reckert



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