CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)

Francis Dunnery - There's a whole new world out there
(70:26 + 64:31, Privatpressung, 2009)

Seit seinem Ausstieg bei It Bites hat sich Francis Dunnery nicht nur örtlich - er lebt mittlerweile an der amerikanischen Ostküste und hat ebenso die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen - sondern auch musikalisch von seinen ehemaligen Wegbegleitern entfernt. Vor ein paar Jahren hatte ich die Möglichkeit, ihn im Rahmen seiner so genannten "Home Concerts" kennen zu lernen, bei dem er nur mit akustischer Gitarre den Abend bestritt und sich mit seinen Liedern und Geschichten als überaus sympathischer und selbstironischer Zeitgenosse bewies. Das It Bites Kapitel schien für ihn gänzlich abgeschlossen. Mit "There's a whole new world out there" wagt sich Francis Dunnery nun überraschenderweise doch an die Aufbereitung seiner musikalischen Vergangenheit. Zusammen mit u.a. Brett Kull und Paul Ramsey von Echolyn, Tom Brislin (u.a. Yes, Meat Loaf, Camel) als Begleitband, aber auch John Mitchell als Gast, seinem "Nachfolger" bei It Bites, spielt er zeitgemäße Neuinterpretationen von jeder Menge It Bites Titeln. Das reicht von All-Time Favourites wie "Kiss like Judas", "Yellow Christian" oder "Still too young to remember", bis hin zu rarem Material, wie die Single B-Seite "Staring at the whitewash". Dabei wurden die Tracks vor allem vom Keyboardbombast befreit, wirken nun weniger verschnörkelt, teils akustischer, aber auch geradliniger, in gewisser Weise harmloser. Zum Teil sind die neuen Ansätze teils recht gewöhnungsbedürftig, hat alles irgendwie ein leicht amerikanisches Flair abbekommen. So wurde z.B. "Old man and the angel" eine Art Shuffle Rhythmus und einen souligen Schluss verpasst, "Whole new world" atmet jazziges Feeling, wird "Hunting the whale" zu einer Art halbakustischen Pop-Nummer mit Bossa Nova Elementen. Das klingt im ersten Augenblick schlimmer, als es wirklich aus den Boxen drängt, denn den Beteiligten gelingen durchaus interessante Neuinterpretationen, auch wenn die Originale leider nicht übertroffen werden. Daneben sind ebenso einige interessante Coverversionen enthalten, wie z.B. "Back in New York City" (Genesis), "Love will tear us apart" (Joy Division) oder "Still life in mobile homes" (Japan), die ebenfalls allesamt neu arrangiert und interpretiert werden. Tja, wer braucht nun dieses Album? Francis Dunnery und seine Mitstreiter hatten hörbar auf jeden Fall jede Menge Spaß bei den Aufnahmen, ob man als It Bites Fan mit den neuen Versionen klar kommt, hängt letztendlich mit der eigenen musikalischen Offenheit zusammen.

Kristian Selm



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