CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)
Dante - Saturnine
(62:43, ProgRock Records, 2010)
Ein "saturnine smile" ist laut Wörterbuch eine eher sardonische Angelegenheit, ProgMetal-Fans aber sollte Dantes Zweitwerk die Mundwinkel dauerhaft Richtung Ohrläppchen ziehen. Die strahlenden Orgelsounds von "All my life" verraten sofort die Hand von Dante-Keyboarder Markus Maichel (Interview vorne in dieser Ausgabe), doch ansonsten ist "Saturnine" ein deutlich düstereres Werk als das Debüt "The inner circle" geworden - und das ist, in Wowis Worten, auch gut so. Dem Bayern-Fünfer ist es abermals gelungen, in diesem teils doch recht abgenudelten Genre ein unverwechselbares Statement zu hinterlassen. Gerade Sänger Alexander Göhs hat inzwischen m.E. internationales Topniveau erreicht. Das über eine Stunde laufende Album ist nochmals ausgefeilter und komplexer ausgefallen, wobei die investierte Arbeit (Stichwort: Orchesterarrangements) sich teils erst bei wiederholtem Hören erschließt und keinesfalls störend zwischen den Songs und ihren Hörern steht. Denn echte Songs stehen auf "Saturnine", auch wenn wie angedeutet die Grundstimmung bis auf das Hoffnung zulassende "Maybe one day" recht unversöhnlich geraten ist. Doch dabei eben auch grandios. Gerade daher fällt es schwer, Tracks zu vereinzeln, abstechend sind aber sicherlich das wie eine Dream Theater-Stampede durchgehende "Modal Acousma" sowie das zwanzigminütige Album im Album "Vanessa". Kopfhörer auf, Augen zu und aufpassen bei der Landung! Wenn Progplatten Bücher wären, dann wäre dies hier Charles Dickens' "Bleak House". Und steht somit im Meisterwerks-Verdacht.
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2010