CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)
Canturbe - Sociedad secreta de melancólicos
(51:43, Viajero Inmovil, 2009)
Canturbe sind - nach langer Zeit - mit neuem Album wieder da. 1980 veröffentlichte die weltweit wohlbekannte Band ihr Debüt, "Sociedad secreta de melancólicos" ist, wenn ich nicht irre, das achte Album der Hauptstädter aus Buenos Aires. Erheblich deutlicher als auf den meisten Alben aus den 1980ern sind progressive Einflüsse auszumachen. Die reichen, harmonisch aufwendigen Arrangements, das komplexe Schlagzeugspiel, die vielschichtigen Kompositionen, die grandiosen Gesangslinien - Canturbe haben ganze Arbeit geleistet. Immer noch sind starke folkloristische Ansätze zu hören, doch längst so popbestimmt wie einst in ihrer großen Zeit. 13 Stücke sind auf der CD enthalten. Selbst in aufgefahrenen, lebhaften und erregten Passagen bleibt das melancholische Moment erhalten, bleibt das dunkel nachdenkliche Flair bestimmend, dämmen die liedhaften und hochmelodischen Songs melancholisch und verträumt durch ihre Minuten. Manch jazzrockiges Motiv hat sich in den erwachsenen, von kratziger Rockmusik relativ weit entfernten Sound geschlichen. Die Sanftheit der Songs, die partiell im (anspruchsvollen) Radio gut funktionieren kann, wird damit etwas farbiger und kontrastreicher, das technisch erstklassige Spiel der Band und die druckvolle Intonation - gerade im Kontrast zwischen der steten Verträumtheit und dem drahtig-komplexen Schlagzeugspiel - machen die Songs besonders und eindrucksvoll. Freunde liedhafter Klänge, die progressive Schnipsel und reichhaltige Arrangementkomplexe in diesem Umfeld lieben, bekommen mit Canturbes "Sociedad secreta de melancólicos" ein rassiges, starkes Album.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2010