CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)

The Besnard Lakes - Are the roaring night
(46:33, Jagjaguwar, 2010)

Es ist zwar nur eine nette Anekdote am Rande, aber dass sich The Besnard Lakes ein antikes Mischpult ins Studio schleppten, auf dem zum Teil Led Zeppelins "Physical Graffitti" entstand, spricht schon Bände über das eigene Selbstverständnis. Mit ihrem dritten Longplayer ist die kanadische Band laut eigener Aussage im Psychedelic Rock gelandet, "bei dem jeder Song seine ganz eigene Welt, seine eigene Atmosphäre darstellt". Nun sind die 10 Songs auf "Are the roaring night" kein typischer, schablonenhafter Psychedelic Rock, vielmehr verbindet das nordamerikanische Künstlerkollektiv die satten, rockigen Sounds der Vergangenheit mit epischen Soundkaskaden, wie man sie aus dem Post bzw. Alternative Rock kennt. Dennoch bleibt alles sehr songdienlich, nur eben etwas episch überladen. Mitunter wirken die Melodien wie in Zeitlupe entstanden, aber zusammen mit den mehrstimmigen Gesangsspuren entsteht daraus ein unschuldig klingender, aber durchaus faszinierender Wall-Of-Sound Ansatz. Neben den wuchtigen Saitenklängen und den wunderbaren Vokalharmonien, sorgen gelegentliche Flöte oder auch Mellotron für das typische Retro Flair. In anderen Kritiken wird die Band oftmals hin zum Progressive Rock gezogen, fallen bei den Vergleichen Namen wie Yes oder Electric Light Orchestra. Doch Vorsicht, damit wird man komplett auf eine falsche Fährte geführt, denn etwas Mellotron und epischer Sound, bei gleichzeitig recht konventionellen Rhythmen und beständig schrammelnden Gitarren, machen eben noch lange keinen Prog aus. Trotzdem: eine interessante Scheibe mit jeder Menge toller Melodien und echtem Retro Feeling ist "Are the roaring light" allemal.

Kristian Selm



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