CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)

Various Artists - 50 Jahre Planetenmodell Hagen
(64:00, Privatpressung, 2008)

Grundlage für das Album bildet, unschwer am Titel zu erkennen, das Jubiläum des in Hagen 1960 entstandenen weltweit ersten begehbaren Modells unseres Planetensystems. Die Größenverhältnisse wurden wie folgt veranschaulicht: Sonne und die Planeten mit ihren Bahnen wurden im Maßstab 1 : 1 Milliarde mittels architektonischer Elemente wie beispielsweise in den Boden eingelassene Bronzeplatten im Hagener Stadtgebiet dargestellt. Ziel war es nun, dieses Planetenmodell in einen musikalischen Kontext zu bringen und hierbei möglichst viele unterschiedliche Stilrichtungen der Elektronikmusik unterzubringen. Auch war es gewünscht, klassische oder orchestrale Elemente in die musikalischen Reisen im Weltall einzubauen. Dabei wurden sämtliche Planeten "vertont" sowie noch einige Titel hinzugefügt, so dass sich eine musikalische Reise auf insgesamt 12 Etappen ergibt, dargestellt von verschiedenen Künstlern der Elektronikszene, die - welche Überraschung - zum Teil auch aus Hagen und Umgebung stammen. Eines vorweg: diese Vorgabe ist hervorragend umgesetzt worden und es ist kein einziger Durchhänger auf diesem Album auszumachen, so dass dieser Sampler eine wirklich runde Sache geworden ist, die nicht nur dem weitgreifenden Thema gerecht wird, sondern auch dem interessierten Hörer einige Künstler näher bringen kann, die noch nicht so bekannt sind. Alle Songs liegen im 4-6 Minutenbereich, so dass also schon mal keine langatmigen Endlosschleifen zu befürchten sind, sondern alles gut auf den Punkt gebracht wurde. Gleich der Auftaktsong begeistert mich, denn hier liefert Maxxess wie gewohnt feinste Gitarrenarbeit ab, wobei die Tasten gleichberechtigt ihren Anteil am Gelingen des Songs beitragen. "Der Spyra" folgt mit einem interessanten Titel, der perkussive Spielereien und sinfonische Strukturen miteinander auf eigenwillige Weise verbindet. Mir bis dato unbekannt war das Hagener Duo Dimension D, bestehend aus Ralph Erbe und Meikel Kurfirst. Zusammen mit Moonbooter liefern sie eine recht flotte Nummer ab, die dank der E-Gitarrenarbeit kurzzeitig mal ein wenig an Oldfield erinnert. Sie tauchen schließlich noch mal "solo" bei ihrer Vertonung des Jupiters auf, und dieser Titel ist ein echter Rocker. Teils durchaus heftige Gitarren und hymnische Keyboards bestimmen den Song. Ingo Vogelmann ("Uranus") bietet eine schöne teils sinfonisch angelegte Nummer an, doch was den orchestral-sinfonischen Grad angeht, schießt sicherlich Sasa Tosic den Vogel ab, denn seine hoch-bombastische Nummer hat schon teils The Enid-Qualitäten und ist in dieser Hinsicht das Highlight des Albums. Tosic - ein Name, den sich nicht nur FC-Köln-Fans merken sollten! Zwei prima Nummern steuert auch der unter dem Namen Redundant Rocker angetretene Österreicher Bernd Wöstheinrich bei. Seine von Collagen durchsetzte Vertonung der Erde ist hochinteressant und bietet die größte Schnittmenge mit dem Progressiv-Rock. Hier werden nicht nur Synthis eingesetzt, hier spielt neben Mellotronuntermalungen auch die Orgel eine Rolle. Zusammen mit dem bereits oben erwähnten Maxxess alias Max Schiefele folgt gegen Ende des Albums ein weiterer proggiger Titel. Stefan Erbe, Erik Seifert, Moobooter alias Bernd Scholl kennt der erfahrene EM-Hörer vermutlich, sie bringen erwartungsgemäß schöne Elektronikmusik zu Gehör. Ein absolut empfehlenswerter Sampler!

Jürgen Meurer



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