CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)
Tabula Smaragdina - A szavakon túl
(50:19, Musea, 2009)
Tabula Smaragdina ist die Schwesterband der Transsylvanier Yesterdays. Die ungarische Band wurde 1998 von Krivánik Dániel (keys, mel) and Bogáti-Bokor Ákos (g, b, p, mel, lead- and back-voc) gegründet. Zsigó László (dr) und Turi Tamás (b) ergänzen das aktuelle Line-Up, im CD-Booklet ist Letzterer noch als Gast gelistet. Die informative, mit unter anderem einigen YouTube-Videos ausgestattete Bandwebseite hingegen gibt ihn bereits als festes Bandmitglied an "A szavakon túl" ist das Debüt der jungen Band, zuvor waren sie an der 4CD-Produktion "Purgatorio the divine comedy - Part 2" beteiligt, wie ebenfalls Yesterdays. Vom ersten Stück an ist die stilistische Orientierung der Band zu erkennen. Großes Vorbild der Ungarn sind die Briten Yes. Doch obschon es einige starke Parallelen zu Yes gibt, zuerst ist da der Einsatz des Rickenbacker Basses zu erwähnen, und zudem diverse weitere Einflussbands zu erkennen sind, die im Retro-Prog große Namen sind, lehnen Tabula Smaragdina sich nicht besonders an ihre Vorbilder an und lassen die eigene Inspiration fließen. Die 10 Songs auf "A szavakon túl" sind hochmelodisch, von komplexem, symphonisch progressivem Aufbau und teilweise dramatischer Songentwicklung. Erhebliche Schräglagen und radikale Ausbrüche stehen nicht im Fokus der Band und doch macht das Quartett nichts leicht oder seicht. Die Songs, selbst die balladesken, sind kraftvoll und dynamisch, lebhaft und vital. Erstklassiges, herzhaftes und in aller wahrhaft aufwendigen Komplexität knackiges Schlagzeugspiel ist nicht allein Basis der Stücke. Das Schlagzeug ist Part der melodischen Instrumente, 'arbeitet' am traumhaft schönen Arrangement der Songs mit. Kaum zu glauben, dass eine junge Band so erhabene und trotz symphonischer Architektur eingängige Songs zu schreiben und lebhaft intonieren weiß. Eine weitere Besonderheit sind die verspielten und in sich verschlungenen Chorgesänge, die wie die Sologesänge auf grandiose Gesangslinien aufgebaut sind und instrumental schmeichelhaft schöngeistig ummantelt sind. Die Songs haben für Progressive Rock erstaunlich viel Gesang, dem jedoch keine Arrangementverschlankung verpasst wurde wie es bei anderen Bands oftmals der Fall ist. Ob akustisch oder elektrisch, die Songs sind intensiv und von großem emotionalen Gehalt. Melancholische Stille und komödiantisch aufgedrehte Energie reizen ihre Möglichkeiten voll aus. Härtere Passagen geben dem oftmals sanften, lyrisch verträumten Album schön knackige Gegenpole, jede Songfaser ist technisch erlesen gespielt und von räumlich großem, weiten Klang, und trotz der Verspieltheit der Songs sind keine typischen Langmacher-Arrangements zu finden, die manche zweit- (oder dritt)rangige Band benutzt, um ihre Songidee über 10 Minuten zu bringen. "A szavakon túl", das gesamte Album, hat ungemein Flair und Atmosphäre, ist von großer Lyrik und fetziger Knackigkeit. Moderne und klassische Symphonic Rock Arrangements im eigenen Songausdruck machen eine ganz große, vielseitige Platte daraus, die nur unbedingt zu empfehlen ist. Und: viel Potential für die Zukunft.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2010