CD Kritik Progressive Newsletter Nr.67 (12/2009)
Secret Green - To wake the king
(75:51, Spheric Music, 2009)
Secret Green ist das neue Projekt des ehemaligen The Enid Mitbegründers Francis Lickerish. Sein Debüt ist das 75 Minuten lange "To wake the king", ein groß angelegtes orchestrales Konzeptwerk, das auf Basis von Progressive Rock und mittelalterlich wirkendem Celtic Folk ein historisches Spektakel aufmacht. Der edle Gesang stammt von Hilary Palmer (voc, fl), die eine sehr klare, hohe Stimme hat und die keltisch-mittelalterlichen Folkmotive wunderbar intoniert. Zur Band gehören Francis Lickerish (g, wind guitar, Lute, b, keys, Orchestra), Jon Beedle (g, Balalaika), William Gilmour (keys) und Matt Hodge (dr, perc). Als weitere Unterstützung waren Gäste an Trompete, Schlagzeug, Kirchenorgel und Baritonklarinette beteiligt. Das komplette Werk klingt sehr feierlich, erhaben, getragen. Obschon bombastische Motive groß aufgetragen werden, dröhnen und donnern die Songs nicht überaus gewaltig, was an der sensiblen und künstlerisch erstklassigen Einspielung liegt. Trotzdem kommt schon mal der Verdacht auf, die Band übertriebe in mancher Passage maßlos. Die Orchestration ist jedoch gelungen, wirkt nicht blechern oder klinisch. Da scheinen Zwerge und Gnome mit Clowns anlässlich eines Festmahles an historischem Hof zu tanzen, während die Hofgesellschaft sich dem üppigen Mahl und anderen netten Leckerbissen hingibt. Romantische Klänge mutieren zu dekadentem Spaß, Pauken und Trompeten, Lute und Balalaika, gar schließlich die Kirchenorgel machen das historische Flair sehr lebendig. Die dies unterstützende Rockband zaudert nicht, kraftvoll ins Geschehen einzugreifen und heftiges Spiel zu intonieren. Fans mittelalterlicher Burgmusik im progressiven Rockkleid kommen voll auf ihre Kosten, das Spektakel ist in Text und Musik ausgereift und bietet große Unterhaltung in aufwendigen Kompositionen. Stets ist zu spüren, dass Francis Lickerish lange an den Kompositionen gefeilt hat und keine Mühe scheute, bis der prachtvolle Bombastklang so erhaben und ritterlich geworden war, wie er nun zuletzt gehört werden kann. Das überaus melodische Werk hat viel Süße, ohne kitschig zu sein. Wer das Genre nicht mag, wird sich sowieso nicht begeistern können. Wer jedoch dröhnend schweren Celtic Folkprog in wuchtig edlem Gewand mag, wird nicht nur vor Wonne erschauern, weil die wummernden Bässe so illuster und ungemein fett aus den Boxen steigen und die spannenden instrumentalen, quasi klassischen Passagen wie Filmmusik einen imaginären Film so bildhaft vor Augen führen, dass ein Entrinnen inmitten der Musik kaum möglich ist, sondern weil Secret Green schlicht authentisch klingen. Habitus, Story, Musik, Booklet - ihr ehrgeiziges Ziel komplett - zu einem glücklichen, erfolgreichen Ziel gebracht (welches bei Avant Erprobten für schwülstig empfundenen Überdruss sorgen wird). The King Is Awakening For Sure.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2009