CD Kritik Progressive Newsletter Nr.67 (12/2009)
Robert Schroeder - 30 years after
(75:50, Spheric Music, 2009)
Das neue Album des Aachener Soundtüftlers ist eine Art Retrospektive. Der Albumtitel weist schon darauf hin - Schroeder blickt tatsächlich bereits auf eine 30-jährige Karriere als Elektronik-Musiker zurück. Sein Debütalbum "Harmonic ascent" wurde 1979 veröffentlicht, damals arbeitete er noch mit selbst gebauten Synthesizern. Heutzutage reizt er natürlich die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der aktuellen Technologie weit aus. Er hat sich in den vergangenen Jahren wieder mit Alben auf höchstem soundtechnischem Niveau bemerkbar gemacht. Doch beim aktuellen Album ging es ihm nicht nur um einen Rückblick, er wollte auch alt und neu zusammen führen, d.h. altes analoges Equipment mit modernen Sounds verbinden. Und dies ist ihm ausgesprochen gut gelungen. Das Album strahlt eine ungemein wohlige Atmosphäre aus, warme Sounds unterstützen eine sehr relaxte Grundstimmung. Allerdings ist diese Relaxtheit diesmal nicht in der Form der Food For Fantasy Sommer-Sonne-Strand-Stimmung anzutreffen, sondern in der ausgesprochen klugen Verbindung von etwas zurückgenommenem 70er Berliner Schule Sound mit up-to-date Chill Out Musik. Im Intro "30 years before" erzählt Schroeder mit leicht verfremdeter Stimme über seinen Einstieg in die EM. Das knapp 10minütige "All you can dream" ist eine feine chill out-Nummer, im darauffolgenden "Modifiers" geht es dann wesentlich rhythmusbetonter zur Sache. Und so wechseln sich im weiteren Verlauf Moderne und Nostalgie stetig ab. Wie so oft auf den letzten Alben auch, setzt Schroeder immer wieder mal schöne Mellotronchöre ein, aber auch so manche Synthiepassagen lassen alte Zeiten wieder aufleben. Es ist mir gar nicht aufgefallen, dass das Album mit 76 Minuten ziemlich ausgeschöpft ist - ein gutes Zeichen, da bei mir keine Langeweile aufkam. Ein sehr schönes Album, das einem 30-Jahre-Rückblick absolut würdig ist. Der auf dem Backcover abgedruckten Kategorisierung kann ich nur zustimmen: Berlin School - Ambient - Chill Out - finest Electronic Music. Stimmt.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2009