CD Kritik Progressive Newsletter Nr.67 (12/2009)
In Morpheus' Arms - Distrust the Mantra
(50:43, Privatpressung, 2009)
Duisburg hat eine Attraktion mehr: die Liebhaber des Gottes der Träume, Morpheus, Sohn des Somnus, der aus Ovids Werken bekannt ist. Mira Kohli (voc), Sascha Gutkowski (g), Peter Rosinski (dr), Natalie Dröge (b) und Karsten Mroszczok (key) haben Ende 2007 den Youth Rock Contest gewonnen, den größten Newcomer Bandcontest in Duisburg (gibt es mehrere in der Stadt? Dann nix wie hin!) und im August 2008 ihr Debütalbum aufgenommen. Enthalten sind neben dem Intro 5 Songs, darunter das dreiteilige instrumentale "Pandemonium", das eine Ahnung von Ravels "Bolero" in seinem Beginn in sich trägt, dessen typischen Charakter und seinen Aufbau aber nicht transportiert. In Morpheus' Arms spielen Prog Metal mit Betonung auf Metal. Die Kompositionen des Debüts haben eine gewisse Strenge und Starre, trotz ihrer illustren und vielfältigen Lockerheit und komplexen Virtuosität. Piano und Gitarre spielen oft unisono zusammen, legen sich keine Fallen oder verstecken sich in vertrackten Komplexpartien. So komplex die Band spielt - und ihr handwerkliches Vermögen ist außerordentlich, besonders das des Schlagzeugers Peter Rosinski, der vor keiner Rhythmusfraktur zurückschreckt und dynamisch und lebhaft, zudem heavy und druckvoll spielt - so wenig komplex sind die Kompositionen. Vielfalt und Abwechslungsreichtum sind gewiss keine Fremdworte, die Songs haben es in sich, viele Ideen gehen darin auf. Was ich meine: im Prog Metal geht es im besten Fall viel vertrackter und radikaler zur Sache. Damit das Debüt der jungen Band zu vergleichen, ist unfair, es sei nur erwähnt. Die Band macht ihrem Ansinnen alle Ehre. Eine gewisse Parallele ist im mittlerweile auch längst schon wieder angejahrten "Mandylion" von The Gathering zu sehen, auch im Gesang, Mira Kohli hat Anneke van Giesbergen gewiss konzentriert gelauscht. Längst nicht stets powert die Truppe metallisch, vor allem im lyrischen zweiten Teil "Pandemoniums" nicht, das mit sphärischem Keyboard an das gute alte Mellotron erinnert und bezaubernd hypnotische Stimmung illustriert. Alsdann schließlich brutal zu knüppeln, heavy zu rocken und nebenher die melancholisch zarten Keyboardparts weiter laufen zu lassen, ist ein extrem guter Einfall, vor allem der harte Bassanschlag rückt in den Mittelpunkt, die Gitarre daneben als Maschinengewehr, Salven abschießend, ganz ohne tödliche Munition. Perfekte Idee. Zum Ende der CD spielt die Band einen weiteren Longtrack, der als Ballade beginnt und die akkurate Härte der vorherigen Songs nach und nach entwickelt, erst nach drei Minuten wird der Gitarrensound langsam metallisch, vorher tummelten sich die Instrumente nach und nach auf der Bühne: Keyboard, Bass (exzellent!), Gesang, Schlagzeug, Gitarre im leisen Off harmonisierend; und dann baut sich der enorme Sound auf wie ein Gewitter, das erst bedrohlich am Horizont erscheint, als die Sonne noch scheint und Wärme die Haut überzieht, mit einem knackigen Bruch in der Mitte des Songs wird die Rhythmusmaschine deutlich härter und vertrackter, Gitarre und Schlagzeug als Rhythmusinstrumente untermauern Bass, Keyboard und Stimme. Wer sich die Rhythmusbrechung ausgedacht hat, muss zählen können. Schön übrigens, dass zwei Maiden in der Band arbeiten, die kein Alibi sind. Und dass genug Geld für den exzellenten Klang da war.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2009