CD Kritik Progressive Newsletter Nr.67 (12/2009)
Glass Hammer - Three cheers for the broken hearted
(51:49, Sound Resources, 2009)
"Less is more" lautet nicht nur der Titel des aktuellen Marillion-Albums, sondern dies ist ebenso der Ansatz, mit dem Glass Hammer auf "Three cheers for the broken hearted" verfahren, nachdem man in den letzten Jahren alles an progressiver Opulenz und überladenem Bombast ausgelotet hatte. Während auf den Vorgängeralben mit Orchester, Chor und großer Besetzung gearbeitet wurde und man manch ausufernde, orchestral überzogene Idee verfolgte, geht es auf "Three cheers for the broken hearted" zurück zu einer hauptsächlich, spartanischen Dreier Besetzung, kurzen Songs im Bereich von 3-5 Minuten, sowie wenig überzogenen Arrangements und kompakten Songideen. Ein löblicher Ansatz, dass sich das Duo Steve Babb und Fred Schendel selbst hinterfragt und zusammen mit Susie Bogdanowicz ein etwas anderes Glass Hammer Album einspielte, bevor man zur Selbstkarikatur des Retro Progs verkommt. Doch so ganz kann das Duo Babb / Schendel dann doch nicht seine eigenen Fesseln abwerfen, denn natürlich findet man auf "Three cheers for the broken hearted" immer noch bombastisch-sinfonischen Retro Prog, alles jedoch in einer mehr zusammen gedampften, mehr auf den Punkt kommenden Weise, fast komplett auf instrumentale Ausschmückungen verzichtend. Daneben ist dieses Album eines der stilistisch vielschichtigsten Werke von Glass Hammer, denn neben songdienlichen Ansätzen, die mal an die Spätphase der Beatles erinnern, wagt man sogar den Schwenk zum modernen Art Rock, rockt aber auch bisweilen richtig kernig ab. So stehen damit mehr die Songscheiberqualitäten im Vordergrund, die ohne zukleisternden Bombast zwar nicht immer, aber doch meist zu gefallen wissen. Klar bekommt man auch eine gewisse Dosis Retro Prog Power in ELP/Yes-Manier geboten, doch da man sich nicht in ellenlangen Kompositionen verliert, hat alles auch eine gewisse Frische, einen neuen Touch abbekommen. So steht vor allem die angenehme, wenn auch auf Dauer etwas unspannende Stimme von Susie Bogranowicz im Fokus, kann es das Duo Babb / Schendel inhaltlich mehr krachen lassen. Zwar ist "Three cheers for the broken hearted" kein kompletter Neubeginn, doch ist es ein durchaus löblicher Ansatz, nicht nur den eigenen Ansatz immer wieder zu wiederholen, sondern sich selbst zurückzunehmen und mehr auf Kompaktheit, denn auf Ausschweifungen zu setzen. Kein grandioses, aber ein gutes Album, mit dem sich Glass Hammer zum Teil aus dem eigenen Stilsumpf befreien. Deswegen Vorsicht vor einem Blindkauf.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2009