CD Kritik Progressive Newsletter Nr.67 (12/2009)

Gens De La Lune - Gens De La Lune
(57:25, Privatpressung, 2009)

Gens de la Lune waren Headliner des zweiten Tages des Prog Resiste Festivals 2009. Am Verkaufsstand wurde ihr Album für den stolzen Preis von satten 20 Euro veräußert. Eigentlich inakzeptabel, aber ich habe es mir dann doch zugelegt - wie einige andere übrigens auch. Ein gewisses Extra sollte diesen etwas überhöhten Preis rechtfertigen, ein fluoreszierendes Coverabbild. Ob das diesen Aufpreis wert ist, sei mal dahingestellt. Hauptsächlich interessiert doch eher die Qualität der gebotenen Musik. Und die ist zweifellos recht hoch. Gleich zum Auftakt des Albums gibt es einen absoluten Gassenhauer. Es fällt sofort die sehr angenehme Stimme des aus Guadeloupe stammenden Sängers Jean Philippe Suzan auf. Die Keyboards stehen gar nicht mal so sehr im Vordergrund, wie man es ja angesichts des großen Namens eigentlich vermutet hätte, schließlich bedient sie kein Geringerer als Ange-Keyboardlegende Francis Decamps. Und mit Schlagzeuger Gerard Jelsch ist gleich ein weiteres Ange-Urgestein mit an Bord. Handelt es sich um eine Band aus dem Ange-Umfeld, wird gleich Frontmann Christian Decamps zum Maßstab. Und in diesem Falle braucht sich die Band überhaupt nicht zu verstecken, denn Suzan macht seine Sache ausgesprochen gut. Er weiß live absolut zu überzeugen, ohne überdreht zu wirken. Dazu gibt es ja noch Francis Decamps, der mindestens ebenso verrückt auftritt wie sein Bruder. Ist halt ein Decamps, und diese Burschen haben schon was. Charisma nennt man das wohl. Zurück zum Opener "C'no peran'. Eine sehr ausdrucksstarke Stimme, Ange-typische Keyboards und ein Refrain, der sich sofort gnadenlos bis in die letzten Hirnwindungen hineinfrisst, so starten Gens de la Lune in dieses Album. Schon dieser Song hat das Zeug zum Klassiker. Auf "Le guide" darf sich Decamps auch mal stimmlich kundtun - was live übrigens recht ulkig wirkte. Als großer Boss tritt er nicht auf, viele Lieder stammen gar nicht mal aus seiner Feder, auch live arbeitete er sehr mannschaftsdienlich. Der Titelsong ist ein weiterer Klassiker, der in einem Atemzug genannt werden kann mit einem Ange-Hit a la "Sur la trace des fees". Hier spielt Decamps akustische Gitarre im Duett mit Choppard. Eine sehr, sehr feine Nummer! Übrigens: ein weiterer Ohrwurm! Die darauffolgende Nummer "Les vents de la" gehört ebenfalls zu den Highlights dieses tollen Albums, wobei hier u.a. Gastflötist Florent Tissot für eine besondere Note sorgt. Hier wie auch in den meisten anderen Songs setzt Gitarrist Choppard feine Akzente, ohne allerdings aufdringlich zu wirken. Richtig harte Töne vernimmt man eher nicht, stattdessen peppigen, flotten, symphonischen, völlig unverkrampften Prog mit typisch-französischem Charme. Ein sehr feines Album, das schon die Neugier für zukünftige Aktivitäten weckt.

Jürgen Meurer



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