CD Kritik Progressive Newsletter Nr.67 (12/2009)
The Void's Last Stand - A sun by rising set
(51:52, Privatpressung, 2009)
Die deutsche Formation TVLS braucht nur zwei, gemeinsam allerdings auf stattliche Einwirkzeit kommende Stücke aus in Suitenform gegossenem Wahnsinn, um uns den Kopf abzuschrauben. Und dann verkehrt wieder anzubringen. Die teils an in Schüben kaputt gehendes Aufziehspielzeug erinnernde Rhythmik, die stark mit erbarmungsloser Wiederholung arbeitenden, vielteiligen Strukturen allein würden den bei Proggies ja oft Böses gewöhnten Denkpickel wohl noch nicht verrücken. Nein, es ist vor allem die Stimme von Sänger / Gitarrist Jonas Wingens, die dieses Werk verrichtet. Dem Mann gelingt es zeitweilig, wie eine Mischung aus David Byrne, Jeffrey Lee Pierce, Devo seligen Angedenkens, aus einer Ziegenherde, einem verendenden Damo Suzuki sowie einem verkühlten Muezzin zu klingen: alles in einer Sangespassage wohlgemerkt. Solcher Anspielungsreichtum ist freilich nicht jedermanns Sache, in Sonderheit nicht, wenn er über bisweilen deutlich kakofone Strukturen hinweghallt, in denen im allerweitesten Sinne Bluesiges gefolgt wird von Blastbeats, Kinderliedartigem, von Rezitationen über eine in nur meditativ zu nennender Geduld wiederholte orientalische Figur und von opernhaften Versatzstücken inklusive (deutschsprachiger) Zwischenrufe... Für die Band könnte die Einspielung irgendwie therapeutisch gewirkt haben. Steht wenigstens zu hoffen. Gegebenfalls lässt sich das in jedem Falle interessante Resultat auch von anderen so einsetzen?
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2009