CD Kritik Progressive Newsletter Nr.67 (12/2009)
The Barstool Philosophers - Sparrows
(59:00, Privatpressung, 2008)
Die proggenden Barhocker wurden bereits 1997 im niederländischen Almelo (Overijssel) aufgestellt, ähm, gegründet. Kaumbegreiflicherweise ist "Sparrows" dennoch ihr Debütalbum. Einerseits schon nachvollziehbar, da über Jahre hinweg alle Bandmitglieder andere "Hauptband"-Projekte hatten. Andererseits eben doch schwer begreiflich, denn die von diesen Philosophen verkündeten Wahrheiten sind im Progzirkus selten geworden und nicht wenige von uns könnten auf genau so etwas gewartet haben: Große Gefühle, noch größere Melodien, größtmögliche Dramatik. Insofern bewegt sich die Band - gewollt - auf dünnem Eis: Speziell ihr wirklich unfassbar guter Frontmann Leon Brouwer (ex-Isolation) kann in der hier gehörten Form die meisten Sänger arrivierter Progbands an die Wand und wieder zurücksingen. Doch da er - mit Ausnahme des loop-dominierten letzten Tracks - wirklich JEDEN Beitrag auf der einstündigen Scheibe bringt, wie Andy Sears (dessen Stimmbereich er übrigens völlig abdeckt. Genau wie, auf Wunsch, den von David Bowie oder Eric Clayton gleich mit) "First new day" gesungen hat - nämlich als ginge es um sein Leben - kann das dem einen oder der anderen sicherlich schnell zuviel werden... Wer der Band und vor allem ihrem Wundersänger aber diese 110-prozentige Inbrunst verzeihen kann, wird mit einer der Top-Progschreiben des Jahres belohnt, deren loderndes Feuer (aber nicht deren Stil!) an "Remedy Lane" erinnert. Das scheint noch nicht mal so weit hergeholt, da sich das Konzeptalbum in elegant ineinander übergehenden Einzeltiteln thematisch/textlich mit dem emotionalen Kielwasser einer Trennung und Scheidung beschäftigt. Musikalisch geht es dabei song- bzw. dem Gesamtkonzept dienlich über Tische und Bänke, von der gifttriefenden Piano-Moritat "Lies" bis zum absichtlich entgleisenden Progmetal von "Eyes show the heart". Beeindruckend.
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2009