CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)
miRthkOn - Vehicle
(69:12, AltrOck, 2009)
miRthkOn ist der jüngste Nachwuchs im feinen AltrOck Hause. Die aufgeweckte Band spielt einen illustren Mix aus Avant Prog, Rock, Jazz, Metal und einem klitzekleinen Popbestandteil. Thinking Plague meets Bay Area Metal, 73'er Zappa trifft auf Faith No More, Blast und Dr. Nerve trinken einen mit Tipographica, isotopisierte Soft Machine haben Sex mit Sleepytime Gorilla Museum - so etwa, also unbeschreiblich tobt sich der Sound der technisch exzellent geübten Truppe ab. Die 14 Songs auf "Vehicle" bringen 69 Minuten auf die Waage. Wie klingt das nun?!? Jazz-Bläser (fl, cl, as, ts, bs) spielen ihre aufwendig und komplex komponierten Skalen, während die Rockcrew das kraftvolle, dynamische Rückgrat erzeugt: metallische Riffgewitter, druckvoller und dabei differenziert und erheblich komplexer Rhythmus - bis auf den einminütigen Opener, der just von der After Crying Show stammen könnte und die Überraschung auf den wahren Bandsound eine Minute anspannen lässt, den der Narrator über Keyboardfanfaren erzählt. Dann geht es los und es hört nicht mehr auf. Die Rasanz der kompletten Platte, die lyrischen Einschübe und krimiartigen Sounds, die leisen Passagen und Entspannungspunkte sind nur Kraftfelder, an denen die Band zu neuer Virtuosität und Rockheftigkeit ausholt. Der achte Song, "Coven of Coyotes", zeigt sich Canterbury - inspiriert, nicht allein im äußerst hinreißenden Gesang. Angenehmer Weise ROCKT die Jazzcombo die ganze Zeit wie verrückt. Oder: die Metaller haben ein Ding an der Waffel und spielen schrägen Jazz! Wie man es betrachtet und welche Vorbildung im Betrachter steckt, wie auch, so malt sich nie ein kommerzielles Bild aus, dass bekannte Strukturen abliefert. Die Schnelligkeit der Themen, die Virtuosität der Intonation in den Autobahnmäßigen Unisonopartien hat nicht wenig Humor. Macht Laune und unterhält ganz großartig, sich diesem illustren Gebläse hinzugeben. Der Sound wartet ständig mit neuen Überraschungen auf. Die Verbindung von Metal und Jazz ist von großem Reiz und wird auch den Progisten gefallen, die es nicht ganz so dramatisch schräg mögen - obschon sie hier erst einmal genügend Neugierde, Nerven und Hingabe aufweisen müssen. Zu viele Worte: dieses Album ist eines der Göttlichen, deren es immer wieder welche gibt und nie genug geben kann. miRthkon ist eine ungemein inspirierte Band, ein Glücksfall der Prog-Geschichte (tata!!) usw., rattenscharfes Teil halt, gelle!?! Ein MUSS! Balsam für die gedörrte Suchtseele.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2009